Medienwissenschaftler Matthias Thiele über die Talkshows zur Griechenlandkrise
Gleichklang, hoch problematische Sprachbilder, anstelle von Unparteilichkeit ein Schulterschluss mit Gästen und Titel, in denen eine imaginäre Bedrohung zum Vorschein kommt: Die Medienwissenschaftler Matthias Thiele und Rainer Vowe haben die großen politischen Talkshows im deutschen Fernsehen zum Thema Griechenland analysiert und dabei gewaltige Schlagseiten festgestellt, die dem Selbstverständnis dieser Formate nicht gerecht werden. Im Interview mit Telepolis stellt Thiele die Analyseergebnisse vor.
„Die Talkshows zu Griechenland wurden nun, wie wir vorab vermutet und befürchtet hatten, vor allem von Polemiken, Ressentiments und einer arroganten Haltung gegenüber der neuen griechischen Regierung und den Griechen dominiert. Allerdings überraschte uns dann doch ein wenig, dass dies so vehement und flächendeckend ausfiel und vorzufinden war. Erstaunt waren wir vor allem über den Gleichklang der Talkshows. Die Sichtungen und Analysen der Sendungen ließen für uns nur einen Schluss zu: Talkshow heute schlägt alles mit Ähnlichkeit.
Uns überraschte und verwunderte vor allem, dass die Talkshowmacher offenbar weder über die Vehemenz noch über den Gleichklang der Talkshows überrascht und verwundert waren. Sie reproduzierten und schrieben die Ressentiments, Aversionen und Diffamierungen einfach munter fort, so als wäre dies das Normalste und Selbstverständlichste der Welt.
Indem alle vier großen Talkshows – „Maybrit Illner“ (ZDF), „Anne Will“ (ARD), „Günther Jauch“ (ARD), „Hart aber fair“ (ARD) – und auch die etwas kleineren Sendungen, wie „phoenix Runde“ (ARD/ZDF), „Unter den Linden“ (ARD/ZDF) und „Presseclub“ (ARD), Griechenland in beispielloser Art und Weise zum Dauerthema erhoben, signalisierten die Talkshows des öffentlich-rechtlichen Fernsehens bereits rein quantitativ, dass der Erfolg von Syriza und der Versuch, einen Politikwechsel in der Euro-Zone anzustoßen, als „nicht normal“ und als Denormalisierung anzusehen und einzustufen sei.“
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