WDR2 22.12.2014 11:42 Uhr
Transkript eines Interviews von WDR2-Moderatorin Katrin Schmick heute Vormittag mit dem Dresdner Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach. Donsbach war letzten Sonntag Gast bei „Jauch“ zum Thema PEGIDA und hatte sich am Donnerstag in einem tagesspiegel-Interview durchaus vernünftig zu den Ursachen der Medienverdrossenheit geäussert:
„Wir haben in Deutschland die Kultur einer verschärften political correctness, die es ungeheuer schwierig macht, Themen, die nicht dem Mainstream entsprechen, ergebnisoffen und ohne gleich die Keule einer illegitimen und unmoralischen Haltung zu diskutieren.“
Wer würde ihm da widersprechen? Nur kann man das auch kurz Propaganda nennen. Ein Begriff, den er als Kommunikationswissenschaftler natürlich scheut, wie der Teufel das Weihwasser.
Heute also ein Interview mit Donsbach im WDR2-Radio (mp3, 4min, 1,8MB):
Katrin Schmick: „Lügenpresse nennen sie uns, Mainstreammedien, Systemmedien. Das sind harte Anschuldigungen der PEGIDA gegenüber der Presse. Woher kommt dieses Misstrauen?“
Wolfgang Donsbach: „Na das ist natürlich zum Teil eine Erfahrung, die daher kommt, dass in den Medien nicht das drin steht, was die Leute glauben. Das ist übrigens ein weit verbreitetes Phänomen. Wir nennen das die Theorie des feindlichen Mediums. Wann immer sie relativ ausgeprägte – um nicht zu sagen extreme – Einstellungen zu einem Thema haben, empfinden die Leute auch die ausgewogenste Darstellung noch als verzerrt. Das ist also jetzt nicht PEGIDA-spezifisch. Was bei denen noch hinzu kommt, ist, dass sie das Gefühl haben, wenn sie sich mal geäussert haben in der Vergangenheit, dann wurde ihnen das Wort im Munde umgedreht. Dann hat man sozusagen das Negative, das Extremistische, das Rassistische heraus gepickt und die eigentlichen Anliegen seien nicht deutlich geworden. Das ist also ein gewisser Schutz, den man auch dann den Leuten mit auf den Weg gibt, sagt: redet nicht mir der Presse, das kommt sowieso verzerrt an, am besten ihr haltet den Mund. Und es ist natürlich auch noch zusätzlich ein – wenn man so will – Kommunikations- und Marketinggag, denn die Tatsache, dass die nicht mit der Presse reden und die „Lügenpresse“ bezeichnen, führt dazu, dass das Thema „Lügenpresse“ jetzt in aller Munde ist – auch in allen Medien. Also irgendwo haben sie damit geschafft, dass sie ihre Haltung, die sie zur Presse einnehmen, noch mehr verbreitet haben.“
Katrin Schmick: „Herr Professor Donsbach, jetzt ist es aber teilweise ein bisschen so, dass wir uns diesen Schuh auch selber anziehen müssen, oder? Also wenn jetzt eine..ein einfacher Mann, eine einfache Frau mit läuft und wirklich eine Sorge hat, sich nicht abgeholt fühlt von der Politik, aber wirklich kein Nazi ist, der oder die muss doch schon teilweise denken: was schreiben die da, wie reden die über mich?“
Wolfgang Donsbach: „Ich geb Ihnen völlig recht und das ist ja auch im Moment das, wo alle, auch die Parteien und auch die Medien ein wenig rumeiern und sich nicht so ganz im Klaren sind: haben wir da nicht vielleicht auch eine Schuld dran? Und die Schuld oder das, was man falsch gemacht hat, liegt eben darin, dass man von Anfang an PEGIDA reduziert hat auf die Macher, auf diejenigen, die vorneweg marschiert sind, die das große Wort geschwungen haben. Und ich sag mal, die einfachen Leute, die dann da mitgelaufen sind, die sich haben vereinnahmen lassen, oder die auch sagen: ja, die drücken endlich mal meine Sorgen aus, die hat man dann gleich mit in die rechte Ecke gestellt und die sind jetzt frustriert und sagen: ich bin kein Rassist. Ich will ja auch den Flüchtlingen helfen, aber vielleicht nicht vor meiner Tür. Dann kommt das Übliche: Nimby! Not in my backyard! Man will vielleicht helfen, in einer generellen Art und Weise, aber man will die Verunsicherung durch zu viel Überfremdung nicht haben. Und insofern haben die Medien das auch nicht bedient, sondern sie haben ein Zerrbild von Anfang an geliefert, das sehr geprägt war durch diejenigen, die in der Tat vielleicht politische Absichten haben, die uns nicht passen.“
Katrin Schmick: „Herr Donsbach, vielleicht noch ganz kurz: Was sollen wir von der Presse tun jetzt?“
Wolfgang Donsbach: „Also ich denke, das Wichtigste, dass man starke Bilder dagegen setzt. Die Ängste, die Menschen jetzt haben, kommen ja sehr stark auch durch die Bilder, die sie vom Islamischen Staat erleben in der tagesschau und wo immer und wir brauchen einfach positive Gegenbeispiele. Zeigen wie – im Hörfunk kann man ja auch wunderbar zeigen – mit Worten, Dinge die gutgehen, wo Flüchtlinge aufgenommen werden, wo man auch ein Beispiel dafür bekommt, was man selbst tun kann, um den Menschen zu helfen. Ich glaub, das ist im Moment das Wichtigste, denn es geht um die Flüchtlinge in erster Linie.“
Katrin Schmick: „Das werden wir machen. Vielen Dank! PEGIDA und die Wut auf die Medien. Wir haben darüber gesprochen mit dem Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach aus Dresden.“
Die Antwort des Kommunikationswissenschaftlers auf den Medienverdruss infolge politisch intendierter Desinformation und Propaganda – oder wie er es nennt „political correctness“ – ist also: noch mehr Propaganda! Starke Bilder dagegen setzen! Positive Gegenbeispiele!
Glaubt Donsbach allen Ernstes, die Leute merken das nicht? Offensichtlich sind es doch gerade diese gezielt geplanten, politisch intendierten „Kommunikationsstrategien“, die den Verdruss der sogenannten „einfachen Bürger“ gegenüber den Medien überhaupt erst befeuert haben.
Selbstverständlich gehören gelungene Integrationsbeispiele genauso in eine objektive Berichterstattung, wie das schonungslose Aufzeigen von Problemen, etwaigen Scheiterns und eine unvoreingenommene Analyse der Ursachen. Dazu gehört das Aufzeigen des Rassismus in Staat und Gesellschaft genauso, wie das Aufzeigen von Problemen mit integrationsunwilligen Immigranten. Propaganda beginnt dort, wo Journalisten oder ein Kamerateam schon mit dem Auftrag losgeschickt werden: „Dreht mal ein gelungenes Integrationsbeispiel!“ Das ist nicht die Aufgabe eines seriösen Journalismus.
Seriöser Journalismus geht ohne politische Intention ins Feld und berichtet exakt das, was er zu sehen bekommt. Egal, ob von einer Friedenswinter-Demo oder von der PEGIDA. Die Hetze gegen den Friedenswinter und die Montagsmahnwachen haben wir hier mehrfach dokumentiert. Die PEGIDA-Demonstranten sind – was Propaganda, Desinformation und politische Hetze anbelangt – noch vergleichsweise glimpflich davongekommen. Die sogenannten „einfachen Bürger“ merken sehr genau, wenn elitäre Figuren wie Schmick oder Donsbach sich einbilden, ihnen eine Welt vorgaukeln zu können, die ideologisch konstruiert ist und nicht der Realität entspricht. Genau daraus speist sich der Verdruss, den Donsbach fatalerweise mit noch mehr Propaganda bekämpfen will.