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zdf_80Nein, es ist nicht der 1. April und dies ist auch kein Aprilscherz! Man muss das heutzutage vorweg schicken, weil selbst jene, die von sich glauben, kompetent in Sachen Medien zu sein, allzu leicht vorzuführen sind. Die Qualität eines gelungenen Aprilscherzes ermisst sich leicht als Produkt aus prozentualem Anteil jener, die ihn glauben und dem Ausmaß der Absurdität seines Inhalts. Unser Aprilscherz von der Kündigung Kai Gniffkes vor laufender Kamera war in dieser Hinsicht ein voller Erfolg und keine Hassrede, sondern ein Appell.

lilienthal_agitprop

Vorwort von Prof. Dr. Volker Lilienthal zu einem Vortrag von Dr. Kai Gniffke: „Medienkritik als Hassrede – aus der Sicht eines Betroffenen“ an der Uni Hamburg („kein lustiger Aprilscherz“)

Da heute nicht der 1. April ist und das heute-journal des ZDF doch ganz bestimmt kein Agitprop oder FakeNews-Medium ist – abgesehen von ungezählten Kriegslügen, unterdrückten Informationen und notorischer Diffamierung unbotmäßiger Politiker und Parteien -, muss man davon ausgehen, dass Claus Kleber die Zuschauer nicht trollen wollte, als er ihnen vorgestern Abend erklärte, er wisse ja gar nicht, wer entscheidet, welche Nachrichten in seine Sendung kommen und welche nicht…

Rückblick: Beinahe exakt vor einem Jahr, saß Claus Kleber in seiner „auf ein Wort“-Pose im heute-journal und wollte den Zuschauer weismachen, die Nachrichtenauswahl der Redaktion hätte nichts mit politischer Propaganda zu tun.

ZDF 14.12.2015 heute-journal

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Claus Kleber: „Es ist schon er­schre­ckend, wie viele vernünftige Menschen glauben, dass wir hier regelmäßig Grundlinien unserer Berichterstattung mit den Mäch­tigen in Berlin absprechen. Wir haben keine Ahnung, woher sowas kommt – und mit dieser Be­mer­kung handle ich mir wahr­schein­lich schon wieder viel Post ein. Aber ich denke: Wenn die Berichterstattung von jemandem im Journal bestimmt würde, dann hätte der oder die ja irgendwann Mal mit mir sprechen müssen. Das ist nie passiert. Nie. Okay, wir schätzen nicht immer alles richtig ein, wir machen auch mal Fehler, aber wir recherchieren, prüfen, wägen ab und berichten, wie wir es in unserer Redaktion für richtig halten.“

Klingt plausibel auf den ersten Blick, auch wenn es auf den zweiten Blick aberwitzig ist, von „wieder viel Post“ zu sprechen, um im nächsten Satz in Abrede zu stellen, dass mal „jemand“ mit ihm über die „Berichterstattung“ gesprochen hätte. Es ist vielleicht nur ein bisschen geflunkert, denn die Beschwerden und politische Einflussnahme landen wohl eher selten in seinem persönlichen Brief- oder Mailkasten, sondern beim ZDF und dessen Chefredakteuren – zumindest wenn sie von Parteien, dem Kanzleramt oder ausländischen Botschaften kommen.

Das verräterische Wörtchen „regelmäßig“ kann darüberhinaus als subtile semantische Absicherung verstanden werden und Eingeständnis, dass solches durchaus vorkommt. Was Kleber aber vorsätzlich und komplett ausblendet, ist die Nachrichtensteuerung durch Gruppendenken und den Einfluss politischer Netzwerke, in denen der durch seine Korrespondentätigkeit in Washington formatierte Transatlantiker eingebunden ist.

Wie gesagt, das war vor einem Jahr. Vorgestern nun wartet Claus Kleber mit einer ganz neuen Botschaft auf. Plötzlich weiß er selbst gar nicht, wer entscheidet, was gesendet wird und was nicht.

ZDF 15.12.2016 heute-journal

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Claus Kleber: „Wie ist das eigentlich? Wer entscheidet im heute-journal, was läuft und was nicht? Das wird oft gefragt – ich kann’s Ihnen nicht sagen! Ich arbeite hier seit 13 Jahren und so ganz sicher bin ich mir immer noch nicht. Das machen irgenndwie die zwei Dutzend Leute, die mit mir gemeinsam und mit Gundula hier jeden Tag arbeiten…“

Claus Kleber arbeitet nicht nur seit 13 Jahren beim ZDF, er bekommt dafür, dass er  (den Eindruck will er erwecken) ausschließlich Texte aufsagt, die maßgeblich das Denken der deutschen Öffentlichkeit und das Handeln deutscher Politik beeinflussen, von denen er aber angeblich nicht weiß, wer entschieden hat, dass sie in seine Sendung kommen, Monat für Monat über 50.000 Euro und hat im vergangenen Jahr als Belohnung für seine Ahnungslosigkeit eine Honorarprofessur für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen angedient bekommen. Das muss man erstmal sacken lassen und sich noch mal versichern: Nein, es ist nicht der 1. April!

Wer noch nicht genug hat, von wirren Einlassungen Claus Klebers, dem hilft vielleicht dieses Zitat aus dem August weiter:

Es sind ernsthaft schlechte Zeiten, wenn ein Krieg in den Hintergrund tritt, in dem Tausende Menschen sterben, Wohngebiete und Krankenhäuser bombardiert werden und in dem 80% der Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, die nicht mehr kommt. Der Krieg im Jemen tritt aber in den Hintergrund, weil der in Syrien so viel Platz in den Nachrichten verbraucht…