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netzpolitikWir wissen nicht, welches Land Markus Becke­dahl und Andre Meister auf ihrem Portal Netzpolitk.org verraten haben sollen. Unser Land ist es jedenfalls nicht. Es muss also ein anderes Land sein. Ein Land, das in den Köpfen von Leuten wie Maaßen und Range existiert. Die Kolonie einer Besatzungsmacht, die die Verfassung und Gesetze dieses Vasallenstaates mit Füßen tritt und die Bewohner zu Guppys in einem Aquarium degradieren darf, während Journalisten, Blogger und andere Bürger – die die vermeintlich frei­heit­liche Grundordnung nicht nur als hohle Phrasen und geduldiges Papier hin­neh­men wollen – zu Verrätern gestempelt werden.

Es ist aber nicht nur das Land der Maaßens und Ranges, sondern auch das Land der Kleber, Frankenberger, Joffes und Korneliusse, das verraten wurde. Diese Fünfte Kolonne an der Front der öffentlichen Meinung ist nicht etwa in Netz­werken organisiert, die echte Demokratie, Bürgerrechte und Zivilgesellschaft festigen und ausbauen wollen, sondern in hermetisch und ideologisch abge­schot­teten Zirkeln unter der Kontrolle eines Hegemons, der die Bürger dieses Landes zu willfährigen Schafen in einem Panopticon konditionieren will.

zdf_80Es war zugegebenermaßen relativ spät am gestrigen Nach­mittag, als gegen 18 Uhr die ersten Meldungen über die Einleitung von Ermitttlungen des Generalbundesanwalts zum angeblichen Landesverrat durch Netzpolitik.org öffentlich wurden. Es war aber nicht zu spät, um dieses Thema in den 19 Uhr Nachrichten des ZDF zu platzieren. Dort wurde dann auch tatsächlich berichtet – gegen Ende der Sendung, 20 Sekunden lang, in vier dürren Sätzen, zwischen zwei längeren Berichten über das Bevölkerungswachstum in China und einem BGH-Urteil zu Online-Buchungen. Über das jährliche Open-Air in Wacken wurde dann 2 Minuten lang berichtet. Der Bürger erfährt ausführlich und detailliert: es ist matschig in Wacken. Gegen wen der Generalbundesanwalt konkret ermittelt, erfuhr der ZDF-Zuschauer hingegen nicht. Muss man eigentlich noch mehr über diesen Staatssender sagen, als diese Auswahl und Gewichtung schon von ganz allein offenbart?

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Christian Sievers (13:29 min): „Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen die Blogger des Inter­net­por­tals Netzpolitik.org. Sie sollen sich des Landesverrats schuldig gemacht haben, weil sie interne Dokumente des Ver­fas­sungs­schutzes online stellten. Der hatte deshalb Anzeige erstattet. Der Gründer der Webseite sprach gegenüber dem ZDF von einem Angriff auf die Pressefreiheit.“

Wer erwartete, dass bis zum heute-journal zweieinhalb Stunden später ein ausführlicher Bericht erstellt und Interviews eingeholt würden, der lebt in einem anderen Land als das ZDF. Auch in dem Nachrichtenformat, das das Journal und damit den Journalismus im Namen trägt, waren die Ermittlungen gegen echte deutsche Journalisten kein wichtiges Thema. Auch hier wird der Vorgang in weniger als 30 Sekunden pflichtschuldig in einem Nachrichtenblog versteckt – kurz vor den ausführlich präsentierten Juli-Zahlen des Arbeitsmarktes und einem weiteren Sack Reis, der in China umgefallen ist. Gundula Gause weist zur Beruhigung gleich zu Beginn darauf hin, dass derlei Ermittlungen selten sind. Das genau diese Seltenheit ein Grund wäre, das Thema doch einmal ausführlicher und prominenter zu beleuchten, kommt Gause natürlich nicht in den Sinn.

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Gundula Gause (ab 19:26 min): „Ermittlungen gegen Journalisten wegen Landesverrates sind sel­ten. Jetzt hat der General­bun­des­anwalt genau diesen Vorwurf gegen die Macher des Inter­net­blogs Netzpolitik.org er­ho­ben und ermittelt. Sie hatten die Pläne zur Internetüberwachung beschrieben und dabei interne Dokumente des Verfassungsschutzes ver­öffent­licht. Der selbst habe Anzeige erstattet. Der Gründer der Webseite sprach gegenüber dem ZDF von einem Angriff auf die Pressefreiheit.“

ard_logoDass man auch in der Kürze der Zeit Beiträge erstellen und Interviews einholen kann, zeigte die ARD. Nicht viel besser, aber immerhin gab es sowohl in der tagesschau als auch in den tagesthemen kurze Einspieler, in denen Beckedahl zu Wort kam. Auch für die ARD war aber das auf La Reunion angespülte Wrackteil, Probleme der Syriza und Kompetenzen der EU-Kommission wichtiger, als dieser Angriff des Staates auf deutsche Journalisten.