Schlagwörter
ARD, Demokratie, Desinformation, Gekaufte Journalisten, Griechenland, Lügen, Neoliberalismus, Propaganda, Staatsmedien, Verschweigen, Verzerren
Auswertung:
Über Täuschung, Tugend und Teenager
Storytelling in der ARD-Griechenlandberichterstattung
– was bisher geschah…
Vorwort: Storytelling – die Kunst, Geschichten zu erzählen
- Kapitel 1 – Das Trojanische Pferd
- Kapitel 2 – Über griechische Helden, Märchen und Mythen
- Kapitel 3 – Was Orwell nicht wusste
- Kapitel 4 – Die Konstruktion wünschenswerter Welten
- Kapitel 5 – The Hidden Persuaders
- Greek Myths 1-3
- Greek Myths 4-6
- Greek Myths 7-9
- Greek Myths 10-13
- Greek Myths 14-16
- Greek Myths 17-20
…Weil er so glaubwürdig ist
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble über ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause, 2016
Im Februar dieses Jahres, ein Jahr nach der Eurogruppenvereinbarung vom 20. Februar 2015, bezeichnet Yanis Varoufakis im Interview mit Euronews die Unterzeichnung dieses Dokuments als seinen „wichtigste(n) Fehler“ als Finanzminister; er hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt sicher sein können, dass die Troika es nicht ernst meine mit dieser wichtigen Vereinbarung. [175]
Dies entspricht dem, was Varoufakis bereits am 27. Juni 2015 noch in seiner Funktion als griechischer Finanzminister auf einer Pressekonferenz als „wahren Grund“ für das Scheitern der monatelangen Verhandlungen genannt hatte: Die Verhandlungspartner hätten die von Griechenland als positiv bewertete Eurogruppenvereinbarung vom 20. Februar 2015 bereits wenige Tage nach ihrem Zustandekommen ignoriert und Griechenland seitdem wieder unter die Logik des alten Programmes unterwerfen wollen. [176]
Ironischerweise stützt ausgerechnet die ARD-Berichterstattung die These des ehemaligen Finanzministers Griechenlands.
So hatte die ARD die Zuschauer bereits am 20. Februar 2015 sachwidrig darüber informiert, Griechenland hätte sich mit der Verlängerung des zweiten „Hilfspakets“ verpflichtet, die im bisherigen Programm vorgesehenen Reformen ausnahmslos durchzuführen. Auch Ulrich Deppendorf verbreitete in seinem Kommentar vom 27. Februar 2015 die Falschinformation, dass Griechenland lediglich mehr Zeit erhalten hätte, um Reformen umzusetzen.
Ähnliches suggeriert auch die dem ARD-Deutschland-Trend-März zugrundeliegende Fragestellung: „Der Bundestag hat in der letzten Woche die Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland um vier Monate beschlossen. Griechenland soll dadurch mehr Zeit bekommen, Reformen umzusetzen. Diese sind die Voraussetzung für die Auszahlung der letzten Tranche des bereits bestehenden Hilfspakets. Finden Sie die Verlängerung richtig oder nicht richtig?“ [177]
Und Rolf-Dieter Krause, zu diesem Zeitpunkt Leiter des ARD-Studios Brüssel, informiert auch in den Tagesthemen vom 9. März 2015, die Eurogruppe habe sich gar „nicht aufgehalten“ mit den neuen griechischen Reformvorschlägen, sie habe gesagt: „Es gibt eine Vereinbarung mit Griechenland, die ist schon alt, die umzusetzen hat es jetzt mehr Zeit gegeben“. Griechenland müsse nun mit der Umsetzung beginnen: „Diese Reformen sind politisch verabredet, eine Vereinbarung mit Griechenland […], die die griechische Regierung – allerdings die alte – unterschrieben hat“, behauptet der Korrespondent. [178]
Der Zuschauer kann, sofern er den eben genannten Darstellungen vertraut, nicht wissen, dass die Eurogruppenvereinbarung der griechischen Seite in Bezug auf die konkreten Reformauflagen Verhandlungsspielraum einräumte, und zwar ganz regulär zunächst bis Ende April (s. Geschichte 15). Stattdessen muss er annehmen, mit der am 20. Februar 2015 beschlossenen Verlängerung des zweiten „Hilfspakets“ habe sich die neue griechische Regierung verpflichtet, die mit der Vorgängerregierung vereinbarten Reformen ausnahmslos umzusetzen. In der Konsequenz wird er daher in den kommenden Wochen dem Irrtum unterliegen, dass Athen (erneut) den Fahrplan nicht einhält, im Zeitverzug ist, nicht liefert, seine Hausaufgaben nicht macht, tatsächlich reformunwillig ist und noch dazu die Vereinbarung vom 20. Februar 2015 gebrochen hat.
Der Täuschungsverdacht gegen die griechische Regierung ergibt sich daraus folgerichtig, und er wird von der ARD bereits einen Tag nach der Eurogruppenvereinbarung innerhalb der Tagesthemen angedeutet sowie in Form des Kommentars „Tsipras biegt sich die Wahrheit zurecht“ explizit geäußert (Geschichte 16).
Am Tag des vorläufigen Scheiterns der Verhandlungen, am 27. Juni 2015, spricht ARD-Moderator Roth schließlich im Gespräch mit dem Bundesfinanzminister das Urteil über die „Schurken“ (ARD-Korrespondent Alois Theisen): „Also ist es ’ne Täuschung!“.
Wer die Empörung eines Großteils der Zuschauer in diesen Wochen, ja Monaten gegenüber der Syriza-Regierung verstehen will, der möge sich vergegenwärtigen, dass der Topos vom solidarischen deutschen Volk, das Opfer von Trickbetrügern und faulen Schmarotzern zu werden droht, nicht erst nach der Vereinbarung vom 20. Februar 2015 mediale Verbreitung findet, sondern bereits innerhalb der ersten 4 Wochen der ARD-Berichterstattung über die neue griechische Regierung gleich einem Ostinato nahezu jeder der hier analysierten 20 Episoden zugrunde liegt.
Als Fürsprecher des kleinen Mannes bzw. der „Aldi-Verkäuferin und de(s) Realschullehrers“ wird vor allem der in diesem Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnete Korrespondent Krause einen Großteil der Zuschauer davon überzeugen, dass „der Grieche“ sich auf ihre Kosten bereichern will, oder in den Worten Krauses „es für das gottgegebene Recht seines Landes hält, auf Kosten anderer zu leben.“ (Tagesthemen-Kommentar vom 17. 02. 2015)
Dieser „Schuldenkrimi“ aktiviert in den Köpfen der Zuschauer den archetypischen Täter-Opfer-Retter-Frame sowie das durch diesen erzeugte Bedürfnis, dass die Werteordnung wiederhergestellt und der Gerechtigkeit genüge getan werden möge, indem die Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Das „Ischover“ des „Retters“ Schäuble ist das Erlösungsversprechen, mit dem sich der Sieg des Guten über das Böse ankündigt. Kurz: Diese archetypische Dramaturgie läuft von Beginn an konsequent auf den Grexit zu.
Betrachtet man nun im Einzelnen die lediglich für die ersten vier Wochen zusammengetragenen Episoden dieser Langzeiterzählung und die in ihnen enthaltenen Fehlinformationen, Verzerrungen und sinnentstellenden Auslassungen, so ist erkennbar, dass die medial vermittelten Wahrnehmungs-und Beurteilungskategorien dieser Geschichten überwiegend die sog. Deutschen (Sekundär-)Tugenden bzw. deren angebliche Missachtung sind: Zuverlässigkeit, Ordnung, Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Fleiß (hier im Sinne von Reformwilligkeit) und Sparsamkeit. Eigentlich fehlte der Berichterstattung nur noch der Aspekt der Sauberkeit (etwa in Form der Meldung über Fettflecken auf der Reformliste).
Diese gerade in Deutschland moralisch aufgeladenen, kollektiv identitätsstiftenden Werte laden den Zuschauer ein, sich mit der Verhandlungsseite der Gläubiger zu identifizieren. Der Zuschauer sieht die ihm wichtigen Werte einer permanenten Missachtung ausgesetzt, und zwar ausgerechnet seitens der Regierung jenes Landes, das im Rahmen von „Hilfspaketen“ eine „Milliardenhilfe“ seitens der „Geldgeber“ erhalten hat – also angeblich selbstlose Wohltaten, für die auch er als deutscher Steuerzahler haftet.
„Die Stärke der Narration ist, dass sie den Werte-Frame subtil transportiert – ohne ihn explizit zu nennen. Der Rezipient erkennt selbständig, dass das Thema einen für ihn bedeutsamen Grundwert tangiert“ [179], führt Herbert Flath in seiner Dissertation zu „Storytelling im Journalismus“ aus.
„Moral schlägt politische Inhalte“ [180]. Der vom US-amerikanischen Linguisten George Lakoff aufgestellten Kommunikationsmaxime, Fakten nur innerhalb moralischer Frames zu diskutieren, folgt die ARD-Berichterstattung ebenso wie das von Lakoff inspirierte Diskussionspapier der Bertelsmann Stiftung zu strategischer Regierungskommunikation aus dem Jahr 2006: „Gelungenes Framing zeichnet sich dadurch aus, dass Reformpolitik ihre Gestaltungsanliegen sprachlich mit gesellschaftlichen Sinn- und Wertzusammenhängen verknüpft.“ [181]
Ein solches stereotypenspezifisches Werte-Framing wirkt stark polarisierend. Es aktiviert und bestätigt zugleich das im Langzeitgedächtnis gespeicherte Stereotyp von den chaotischen (Geschichten 9, 11), unzuverlässigen (Geschichten 4, 5, 6, 7, 8, 11, 16, 19), trickreichen (Geschichten 2, 3, 5, 6, 7, 12, 16, 19), unpünktlichen (Geschichten 17, 18), unbeherrschten (Geschichten 2, 13), faulen (=reformunwilligen, Geschichten 5, 6, 8, 19) und verschwenderischen (Geschichten 1, 8 und 20) Südeuropäern, die angeblich die (nord-) „europäischen Gepflogenheiten“ (Rolf-Dieter Krause) missachten.
Es überrascht nicht, dass ausgerechnet Korrespondent Krause den Zuschauern in der Hart-aber-fair-Sendung vom 29. Juni 2015 das (vorläufige) Scheitern der Verhandlungen mit Griechenland so erklären will:
„Wenn Sie in der Politik miteinander verhandeln wollen, dann müssen bestimmte Sekundärtugenden gewahrt sein: Das heißt, das, was man verabredet, muss verlässlich sein, man muss glaubwürdig sein, man muss sich die Wahrheit sagen.“
Die sachliche Debatte um ökonomische Lösungen für eine Schuldenkrise tritt in den Hintergrund zugunsten einer medial inszenierten Frage der Tugendhaftigkeit.
Mit Hilfe der so erzeugten „Illusion der Informiertheit“ wird das tatsächliche Informationsvakuum innerhalb der Berichterstattung verdeckt.
Die ökonomische Argumentation des international angesehenen Wirtschaftswissenschaftlers wird medial überklebt mit permanenten Meldungen über sein moralisch angeblich fragwürdiges Verhalten und die angebliche Undurchsichtigkeit seiner ökonomischen Pläne: Die Finanzierung der Wahlversprechen bleibe „ein Rätsel“, man wisse nicht, wie die Pläne der griechischen Regierung aussehen („Vielleicht hat er mündlich was vorgetragen“), angeblich wisse keiner der Finanzminister, „was die Griechen wirklich wollen“, denn Griechenland lasse sich „nicht in die Karten gucken“ und Varoufakis bleibe in jedem Fall „ein weiteres Mal rätselhaft“.
Der Faktor Kompetenz des griechischen Finanzministers wird auf diese Weise medial ausgeblendet und tendiert daher in der Wahrnehmung des Rezipienten gen Null.
Der Faktor Vertrauenswürdigkeit tendiert infolge permanent erfundener Trickster-Geschichten in der Wahrnehmung des Rezipienten ebenfalls gen Null.
Das Produkt aus diesen beiden Faktoren – Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit – ist laut Persuasionsforschung die (wahrgenommene) Glaubwürdigkeit eines Politikers: das strategisch entscheidende Feld jeder politischen Auseinandersetzung. Im Fall von Varoufakis erzielt die mediale Berichterstattung einen Glaubwürdigkeits-Wert, der ungefähr bei null liegen dürfte. Rufmord nennt es Varoufakis. „Schäuble ist beliebt wie nie“, ruft begeistert die ARD im Juli 2015 aus.
„Die neuen, auf die Maximierung der Aufmerksamkeit der Medienkonsumenten ausgerichteten Selektions- und Interpretationslogiken konstruieren den Lauf der Dinge wieder – wie die alte Geschichtsschreibung – als Produkt von Helden und Bösewichten, also als Ergebnis von Menschen und Taten und nicht von ‚Verhältnissen‘, welche die Menschen, ihre Taten und ihre Wirkungen erst erklären können.
Diese Regression medienvermittelter Kommunikation auf gut und böse ist ursächlich für den Wandel der seismographischen Funktion öffentlicher Kommunikation von der Problematisierung von Zuständen hin zur Skandalisierung von Personen. Der zivilisatorische Fortschritt gegenüber den öffentlichen Hinrichtungen der Vormoderne – in der das personalisierte Böse auch schon vor aller Augen getilgt werden musste – bemisst sich in der Spätmoderne daran, dass es ’nur‘ noch um den sozialen Tod des Delinquenten geht. Unterhaltend ist allemal beides.“ [182]
Neben der Polarisierung durch den Täter-Opfer-Retter-Frame und das nationalstereotypische Werte-Framing liefert die Berichterstattung eine dritte polarisierende Schablone, durch die hindurch der Zuschauer die Verhandlungen zwischen den Gläubigern und ihrem Schuldner betrachtet: das Erwachsenen-Teenager-Verhältnis, das den erwachsenen Teil im Gegenzug für die materielle Existenzsicherung des Minderjährigen zu dessen Erziehung, Ermahnung (Regeln müssen eingehalten , Hausaufgaben pünktlich abgegeben werden) und Disziplinierung/Bestrafung (die folgenreichste Androhung: der Grexit) berechtigt. Die Berichterstattung folgt 1:1 dem von George Lakoff dargestellten „Strenger-Vater-Moral-Frame“, der laut dem US-Linguisten die Kommunikationsstrategie konservativer Politik darstellt.
Wer sich nicht den Geldgebern „unterwerfen“ will, dem droht ein Donnerwetter. Das verdeutlicht Moderatorin Caren Miosga bereits am Tag der ersten Kabinettssitzung der Syriza-Regierung. Der Beitrag zum Außenministertreffen stellt den Außenminister eines souveränen Staates als „frischgebacken“ dar, der, weil er „querschoss“, „ins Gebet genommen“ werden musste. Die Ablehnung der Zusammenarbeit mit den Troika-Abgesandten in Athen wird als „ausgeheckter“ Streich eines sich „cool“ gebenden, rebellierenden Teenagers charakterisiert, der sich der Kontrolle (durch die Erwachsenen) entziehen will und vom Chef der Eurogruppe angeblich eine Lektion erteilt bekommt. Der Bundesfinanzminister ist Verfechter eines „strengen“ Reformprogramms, der Bundeswirtschaftsminister gibt sich „weniger streng“. Mit Griechenland „gab es schon wieder Ärger“, von einem richtigen „Halbstarken-Verhalten“ sei bereits die Rede, formuliert Nachrichtensprecher Claus-Erich Boetzkes. Korrespondent Thomas Bormann spricht vom „Spiel“ des „Schuljunge [n]“ und rät, die griechische Reformliste „streng“ zu überprüfen, und Ulrich Deppendorf fragt in seinem Kommentar vom 27. Februar 2015: „Verlieren wir die Geduld mit Griechenland?“
Auch durch den Strenger-Vater-Moral-Frame wird eine sachliche Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen und politischen Argumenten der griechischen Regierung umgangen: Statt den Zuschauer hierüber zu informieren, werden die Entscheidungen bzw. Standpunkte der griechischen Verhandlungsseite entweder als lachhaft dargestellt oder vor dem Hintergrund eines provokanten, rational nicht vernünftigen, ja unverantwortlichen Teenagerverhaltens erklärt, das konsequent auf einen selbstverschuldeten Graccident zusteuere:
„Die Eurofinanzminister glauben längst, sie seien im falschen Film. ‚Denn sie wissen nicht, was sie tun‘, könnte der Film heißen“, so Caren Miosga in ihrer Anmoderation vom 9. März 2015 auf den James-Dean-Klassiker anspielend, in dem Teenager als Mutprobe in Autos auf eine Klippe über dem Abgrund zurasen.
„Die griechische Regierung jedenfalls macht den Eindruck, als rase sie weiter sehenden Auges auf einen Abgrund zu“, urteilt die Moderatorin, während auf der Medienwand hinter ihr steile Meeresklippen emporragen, „der Fahrplan, den die Griechen […] vorgelegt haben, wird den Sturz in die Tiefe wohl kaum verhindern.“
Wer inmitten der Grexit-, später Graccident- Beschwörungen noch einwenden mochte, dass Griechenland als kulturelle Wiege Europas unverzichtbar für die EU sei, wurde eines Besseren belehrt: Der vom Finanzministerium übernommene Vergleich mit dem Trojanischen Pferd verdeutlicht die schon in der Mythologie verankerte (Kriegs-) List der Griechen, der Raub der Europa durch den in einen Stier verwandelten Zeus könnte in der Realität tödlich enden: „Manch einer hat inzwischen die Sorge, dass Europa vom Stier fällt und Schaden nimmt“, so der sichtlich bekümmerte Thomas Roth in den Tagesthemen vom 19. März 2015. Der Parthenon auf der Akropolis sei „Symbol für das gesamte Land: einst ein strahlender Tempel – heute eine Baustelle “ (Tagesthemen 6. März 2015). Das Wort „Chaos“, so warnt Korrespondentin Scharkus am 07. Juli 2015 den Zuschauer, ist griechischen Ursprungs und bedeutet laut Duden: „die Auflösung aller Ordnung“.
Auch eine „Semantik der Eskalation“ (Frank Schirrmacher), die aus Ausdrücken besteht wie „schrille Töne“, „Affront“, „aufeinanderprallende Welten“, „Eklat“, „heftiger Streit“ und „geballte Faust“ wird einen Großteil der Zuschauer davon überzeugen, dass diese „hemdsärmeligen“, „ruppigen“ (Thomas Roth 04.02.2015), „selbstverliebten“ (Ulrich Deppendorf 27.02.2015) „Halbstarken“ (Claus-Erich Boetzkes 12.02.2015), diese „Schuljungen“ (Thomas Bormann 21.02.2015) mit ihrer „Ruppigkeit-ich-will-nicht-sagen-Arroganz“ (Thomas Roth 16.02.2015), diese „unberechenbaren Teenager“ mit „frechem Grinsen im Gesicht“ (Angela Ulrich 08.07.2015), die ihre „Hausaufgaben“ (Caren Miosga 23.02.2015) nicht machen wollen und es als ihr „gottgegebenes Recht ansehen, auf Kosten anderer zu leben“ (Rolf-Dieter Krause 17.02.2015), „runter von den Bäumen“ (Ulrich Deppendorf 27.02.2015) müssen, „ins Gebet“ (Bettina Scharkus 29.01.2015) genommen werden müssen. Und wenn alle Ermahnung nicht hilft – „Ich-kann-gar-nicht-so-viel-fressen-wie-ich-kotzen-möchte“ [183] (Rolf-Dieter Krause, Presseclub, 14.06.2015) –, dann müssen diese „Schurken“ (Alois Theisen, 27.06.2015), vor allem dieser „irrlichternde Varoufakis“ [184] (Reinald Becker 29.06.2015) mal richtig diszipliniert, am besten „zum Teufel gejagt“[185] werden. (Rolf-Dieter Krause, Hart aber fair, 29.06.2015)
Schluss. Endlich. Isch over.
Den 27. Juni 2015, den Tag des vorläufigen Scheiterns der Verhandlungen, wird Moderator Roth, voreilig zwar, aber feierlich als „historischen Tag in der EU-Geschichte“ bezeichnen, da es das erste Mal nicht gelungen sei, ein Mitglied zu retten. Wer auf das Foto im Hintergrund des Moderators blickt, begreift schnell, dass die nicht geglückte „Rettung“ Griechenlands Tröstliches für den Rest der EU bereithält: den Sieg des Guten über das Böse. Während der Moderator die erlösenden Worte spricht, erstrahlt auf der großen Medienwand der Retter Europas in der Pose des Triumphators inmitten seiner Gefolgsleute:
„Nun isch es also over, wie der deutsche Finanzminister bereits vor einiger Zeit gesagt und befürchtet hat. […]. Schäuble und seine Kollegen hatten am Ende einfach genug von den immer neuen griechischen Winkelzügen.“ [186]
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[175] Yanis Varoufakis. Interview mit Euronews, veröffentlicht am 23.02.2016.
[176] Yanis Varoufakis. Pressekonferenz vom 27.06.2015 (ab Min. 4:56).
[177] ARD-Deutschlandtrend März 2015.
[178] Tagesthemen 09.03.2015.
[179] Herbert Flath: a.a.O., S. 215.
[180] Lakoff/Wehling: The Little Blue Book, a.a.O., S. 37.
[181] Bertelsmann Stiftung: a.a.O., S. 8.
[182] Kurt Imhof: Der hohe Preis der Moral. Politik und Wirtschaft unter dem Diktat der Empörungskommunikation, in: NZZ, 07.06.2002.
[183] Rolf-Dieter Krause. Presseclub 14.06.2015.
[184] Reinald Becker. Tagesthemen-Kommentar 29.06.2015.
[185] Rolf-Dieter Krause. Hart aber fair. 29.06.2015.
[186] Tagesthemen 27.06.2015.
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Verzeichnis der Literatur und Internetquellen
Psolos Rufianidis sagte:
Jetzt hat sich die Lage in den Medien etwas beruhigt und die Hetze gegen Griechen und Griechenland macht nur eine Pause.
Das hat einen erheblichen Grund und der heißt Tsipras.
Seit seiner Wiederwahl als Premier im September 2015 erfüllt er zu 100% die befehle der Troika. Er hat sich vom kompetenten Ökonom Varoufakis ,vom alten Widerstandskämpfer des 2.WK Manolis Glezos, Gewerkschaftsfunktionär Lafazanis oder die widerspenstige Anwältin und ex-Parlamentspräsidentin Konstantopoulou u.v.a. getrennt . Mindestens die Hälfte seiner heutigen Syriza-Abgeordneten sind ehemalige Sozialisten der Pasok- Partei ( Korruption ohne Ende) und einige Stalinisten und Caucescu-Fans. Diese Politbande verscherbelt jetzt das gesamte „Tafelsilber“ GR praktisch zum Nulltarif wie z.B. den Hafen von Piräus an die Chinesen von Cosco für 300 Mio.€,14 Flughäfen an die Fraport für 1,2 Mrd.€,die gr.Bahn (Trainose) für 45 Mio.€ an die Italiener (Ferrovie Dello Stato Italiane S.p.A),der griechische Gasversorger Desfa geht für 400 Mio.€ an die Aserbaidschaner von Socar usw…usw…
Im Falle des Gasversorgers Desfa ist hier zu betonen das Gazprom den doppelten Kaufpreis von Socar angeboten hat aber abgelehnt wurde.Hier merkt man das die Regierung voll auf Linie mit der EU und Nato ist was zur Folge hat das die hiesige Berichterstattung mäßig bis gar keine Kritik jetzt übt obwohl Tsipras und seine Syriza-Bande Verwandte, Freunde und „Genossen“ aus alten Zeiten in den öffentlichen Dienst einstellen als ob es gar keine Krise mehr gäbe.
Wehe Tsipras oder eine andere Regierung ändert diese Politik dann kann man sicher gehen das bei den deutschen Medien die „Antihellenistische Tollwut“ wieder ausbrechen wird!
Efialtis sagte:
Ich bin nicht der Meinung das die Medien „ruhiger“ geworden sind weil angeblich Tsipras alles umsetzt was verlangt wird. Am schlimmsten war die Berchterstattung in D. von Papandreou 2009 bis Ende 2015. Nach den ersten Wahlen als SYRIZA und ANEL die Regierung bildeten, hatte die Propaganda ihren Höhepunkt erreicht weil die gr. Regierung ihnen die Stirn bot. Da haben Sie recht. Dies geschah zu diesem Zeitpunkt aber aus anderen Gründen wie bei den vorherigen Regierungen. Es wurde nämlich der Versuch unternommen Gr. aus der EU werfen. Sie waren voll auf Schäubles Linie. Dies konnte nur durch das Eingreifen der Amerikaner usw. verhindert werden. Natürlich musste die gr. Regierung Kompromisse eingehen, das hatte sie ohnehin vorgehabt. Das ging vorher nicht weil die „Verhandlungspartner“ komplett blockiert hatten und ihre bekannten Spielchen auf Zeit als Druckmittel einsetzten. Sicherlich haben sich Syriza/Anel auch verspekuliert, was das Beharren Merkels/Schäubles und das lange Zuschauen der anderen EU Länder angeht. Der gr. Regierung blieb nicht viel übrig ausser abzuwarten. Abzuwarten bis sich die Machtverhältnisse in der EU, was schon damals ersichtlich war, verändern. In dieser Zeit hat die gr. Regierung national viel gemacht um die Korruption zu bekämpfen. Mittlerweile haben sich auch die Machtverhälnisse geändert wie das Treffen von Athen belegt. Und sie werden sich weiter verändern. Da wird nicht mehr viel Platz übrig sein für „Antihellenische Tollwut“ wenn in Spanien auch noch Podemos an die Macht kommt, möchte man zumindest meinen. Das wäre dann die „deutsche Frage“. Wie wird es politisch in D. weitergehen? Vielleicht mit SPD/Linke ein solidarischer Kurs in der EU oder weiter mit Spaltungspolitik mit CDU oder gar AFD?
anonym sagte:
Ich bin beeindruckt. Eine wirklich hervorragende Arbeit der Publikumskonferenz, die kaum Wünsche offenlässt.
Und ich bin wütend, denn damit ist belegt, dass wir nach Strich und Faden manipuliert werden sollten. Aber nicht nur das: Es muss jemanden gegeben haben, der oder die diese Kampagne generalstabsmäßig geplant hat. Eine solche hochartifizielle Framing-Struktur saugen sich Moderatoren und Ansager nicht einfach aus den Fingern. Vielmehr ist hier das Wirken von hochbezahlten Profis erkennbar.
Traumschau sagte:
Natürlich sind da Profis am Werke! Und wie in jedem Kriminalfall ist ja das Motiv entscheidend. Wem nutzt es? Für Griechenland ist das relativ überschaubar: Hier wurde ein Land im Namen der Finanzeliten geopfert und zur Plünderung frei gegeben. (Punkt)
Es wurde ja schon viel darüber geschrieben bzw. aufgedeckt. Ich kann jedem Interessierten zum Einstieg nur die Doku von Harald Schumann empfehlen:
„Troika – Macht ohne Kontrolle“ (Arte):
LG
Anonymous sagte:
Roth, Krause, Theisen und die ganzen anderen GEZ-Schmarotzer, alles Informationsverbrecher. Sie sind es doch gerade, die auf Kosten anderer leben.
Kassandra sagte:
Es stellt sich mir immer wieder die Frage, wie schnell sich diese Journaille dem neuen Trend der Politik anpasst. Alle paar Monaten wird ein neues Monster aufgeblasen. Vor allem werden heute noch Freunde morgen zu wahlweise Feinden, Betrügern, Massenmördern etc. in den Dreck gezogen. Haben die Medienverantwortlichen keinen Charakter oder liegen sie mit dem Ohr an der Wand des Kanzleramts? So schnell kann man doch nicht seine Einstellung wechseln.
Lulu sagte:
Haben die Medienverantwortlichen keinen Charakter oder liegen sie mit dem Ohr an der Wand des Kanzleramts?
2008 hat Merkel die Chefredakteure der Konzern- und Staatsmedien ganz offen ins Kanzleramt einbestellt und in Sachen Finanzkrise die Linie vorgegeben, über Ursachen und Auswirkungen die Klappe zu halten. Augstein schreibt 2010 in anderem Zusammenhang „Merkel hat zu den Journalisten geredet als seien sie Mitarbeiter einer Abteilung im Kanzleramt. Und wenn man es sich recht überlegt, kommt man zu dem Schluss: Ja, so sehen sich mehr und mehr Journalisten auch selbst.“
https://hinter-der-fichte.blogspot.de/2016/05/merkel-bestreitet-es-wieso-lugen.html
Dok sagte:
Danke, interessanter Hinweis! Führte mich zu diesem Artikel:
http://www.sueddeutsche.de/medien/serie-wozu-noch-journalismus-das-ist-nicht-ihr-kanzleramt-1.63398-2
Das passt zu der Darstellung von achgut.com wonach Merkel ihre Propagandatruppe auch letztes Jahr wieder antanzen ließ wegen der Flüchtlingskrise.
Lulu sagte:
Ja und außerhalb dieser Generalsversammlungen verteilt die Kanzleramtsdogge Ordnungsgongs und alle gehorchen, weil ’se Schiß haben, der kommt vorbei und setzt sich auf ihren Schreibtisch :)
Heideltal sagte:
Ich war zu dieser Zeit für ein paar Monate in UK und kann wirklich bestätigen, dass ich beim Lesen der deutschen Presse immer das Gefühl hatte, ich lebe in einer anderen Welt. In UK waren die Zeitungen schon voll mit der Finanzkrise und Immobilienkrise, in den deutschen Medien stand davon überhaupt nichts, ganz im Gegenteil, wie in einer Parallelwelt. Als ich dann später von dieser Anweisung gelesen habe, da wusste ich wieso das damals so war und deshalb ist es aus meiner persönlichen Erfahrung wirklich völlig glaubwürdig was Augstein da geschrieben hat.
Heideltal sagte:
Es ist wirklich erschreckend, wie unsere inkompetenten Politiker durch PR-Aktivitäten der Banken über unsere Medien gesteuert wurden. Zeitgleich haben die Banken die Aktienkurse runter gefahren und mit bezahlter PR über die Medien auf unsere Idioten, die sich Politiker nennen, eingewirkt. Damit haben sie den Eindruck einer Alternativlosigkeit erwecken wollen, damit nur keiner auf die Idee kommt, nach wirklichen Alternativen zu suchen. Das Island-Model hätte genauso auf Griechenland angewendet werden können und wir würden jetzt Licht am Ende des Tunnels sehen. Stattdessen wurde ein ganzes Land für mehrere Jahrzehnte zerstört. Es ist wirklich eine Schande, dass unsere zwangsfinanzierten Medien das mit sich machen lassen. Wie sagte Paul Craig Roberts richtig: „Wir brauchen wieder eine Revolution wie 1793, inklusive der Guillotine“, diesmal auch in Deutschland und wir müssen bei ARD und ZDF anfangen, damit unsere Demokratie nicht weiter durch die ständige Propaganda untergraben wird.
Traumschau sagte:
Naja, dass unsere Medien „das mit sich machen lassen“ geht von der Voraussetzung aus, dass die Medien die Aufgabe haben, uns die Wahrheit zu berichten.
Das ist allerdings eine fragwürdige These. Tatsächlich ist es so, wie u.a. auch Prof. R. Mausfeld m.E. vollkommen zu recht äußerte, dass die Medien ein Herrschaftsinstrument sind, welches die Schäfchen auf Kurs bringen sollen. Dies geschieht nicht nur im Hinblick auf die Erzählungen rund um die Eurokrise sondern nachweislich ebenso in Bezug auf die Vorbereitung der Menschen auf einen Krieg. Die Feindbildgenese durch die Medien ist legendär, und es gibt dazu reichlichst Beispiele. Aktuell wird ganz gezielt der Konflikt mit Russland medial vorbereitet. Die Kriegshetze hat ein Maß erreicht, welches ich mir niemals hätte vorstellen können, würde ich das nicht gerade selbst erleben.
Oder um es auf den Punkt zu bringen:
Die Medien und die Politik sind im Grunde nur die Werkzeuge der Eliten, um deren Interessen durch zu setzen bzw. gehen diese eine Symbiose ein, welche (scheinbar?) allen Beteiligten nutzt. Und wer ausschert, „hat fertig“!