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Auswertung:
Über Täuschung, Tugend und Teenager

ARD_tt_27062015

tagesthemen 27.06.2015 23:05 Uhr

Storytelling in der ARD-Griechenlandberichterstattung
– was bisher geschah…

Vorwort: Storytelling – die Kunst, Geschichten zu erzählen

…Weil er so glaubwürdig ist

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble über  ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause, 2016

Im Februar dieses Jahres, ein Jahr nach der Eurogruppenvereinbarung vom 20. Februar 2015, bezeichnet Yanis Varoufakis im Interview mit Euronews die Unterzeichnung dieses Dokuments als seinen „wichtigste(n) Fehler“ als Finanzminister; er hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt sicher sein können, dass die Troika es nicht ernst meine mit dieser wichtigen Vereinbarung. [175]

Dies entspricht dem, was Varoufakis bereits am 27. Juni 2015 noch in seiner Funktion als griechischer Finanzminister auf einer Pressekonferenz als „wahren Grund“ für das Scheitern der monatelangen Verhandlungen genannt hatte: Die Verhandlungspartner hätten die von Griechenland als positiv bewertete Eurogruppenvereinbarung vom 20. Februar 2015 bereits wenige Tage nach ihrem Zustandekommen ignoriert und Griechenland seitdem wieder unter die Logik des alten Programmes unterwerfen wollen. [176]

Ironischerweise stützt ausgerechnet die ARD-Berichterstattung die These des ehemaligen Finanzministers Griechenlands.

So hatte die ARD die Zuschauer bereits am 20. Februar 2015 sachwidrig darüber informiert, Griechenland hätte sich mit der Verlängerung des zweiten „Hilfspakets“ verpflichtet, die im bisherigen Programm vorgesehenen Reformen ausnahmslos durchzuführen. Auch Ulrich Deppendorf verbreitete in seinem Kommentar vom 27. Februar 2015 die Falschinformation, dass Griechenland lediglich mehr Zeit erhalten hätte, um Reformen umzusetzen.

Ähnliches suggeriert auch die dem ARD-Deutschland-Trend-März zugrundeliegende Fragestellung: „Der Bundestag hat in der letzten Woche die Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland um vier Monate beschlossen. Griechenland soll dadurch mehr Zeit bekommen, Reformen umzusetzen. Diese sind die Voraussetzung für die Auszahlung der letzten Tranche des bereits bestehenden Hilfspakets. Finden Sie die Verlängerung richtig oder nicht richtig?“ [177]

Und Rolf-Dieter Krause, zu diesem Zeitpunkt Leiter des ARD-Studios Brüssel, informiert auch in den Tagesthemen vom 9. März 2015, die Eurogruppe habe sich gar „nicht aufgehalten“ mit den neuen griechischen Reformvorschlägen, sie habe gesagt: „Es gibt eine Vereinbarung mit Griechenland, die ist schon alt, die umzusetzen hat es jetzt mehr Zeit gegeben“. Griechenland müsse nun mit der Umsetzung beginnen: „Diese Reformen sind politisch verabredet, eine Vereinbarung mit Griechenland […], die die griechische Regierung – allerdings die alte – unterschrieben hat“, behauptet der Korrespondent. [178]

Der Zuschauer kann, sofern er den eben genannten Darstellungen vertraut, nicht wissen, dass die Eurogruppenvereinbarung der griechischen Seite in Bezug auf die konkreten Reformauflagen Verhandlungsspielraum einräumte, und zwar ganz regulär zunächst bis Ende April (s. Geschichte 15). Stattdessen muss er annehmen, mit der am 20. Februar 2015 beschlossenen Verlängerung des zweiten „Hilfspakets“ habe sich die neue griechische Regierung verpflichtet, die mit der Vorgängerregierung vereinbarten Reformen ausnahmslos umzusetzen. In der Konsequenz wird er daher in den kommenden Wochen dem Irrtum unterliegen, dass Athen (erneut) den Fahrplan nicht einhält, im Zeitverzug ist, nicht liefert, seine Hausaufgaben nicht macht, tatsächlich reformunwillig ist und noch dazu die Vereinbarung vom 20. Februar 2015 gebrochen hat.

Der Täuschungsverdacht gegen die griechische Regierung ergibt sich daraus folgerichtig, und er wird von der ARD bereits einen Tag nach der Eurogruppenvereinbarung innerhalb der Tagesthemen angedeutet sowie in Form des Kommentars „Tsipras biegt sich die Wahrheit zurecht“ explizit geäußert (Geschichte 16).

Am Tag des vorläufigen Scheiterns der Verhandlungen, am 27. Juni 2015, spricht ARD-Moderator Roth schließlich im Gespräch mit dem Bundesfinanzminister das Urteil über die „Schurken“ (ARD-Korrespondent Alois Theisen): „Also ist es ’ne Täuschung!“.

Wer die Empörung eines Großteils der Zuschauer in diesen Wochen, ja Monaten gegenüber der Syriza-Regierung verstehen will, der möge sich vergegenwärtigen, dass der Topos vom solidarischen deutschen Volk, das Opfer von Trickbetrügern und faulen Schmarotzern zu werden droht, nicht erst nach der Vereinbarung vom 20. Februar 2015 mediale Verbreitung findet, sondern bereits innerhalb der ersten 4 Wochen der ARD-Berichterstattung über die neue griechische Regierung gleich einem Ostinato nahezu jeder der hier analysierten 20 Episoden zugrunde liegt.

Als Fürsprecher des kleinen Mannes bzw. der „Aldi-Verkäuferin und de(s) Realschullehrers“ wird vor allem der in diesem Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnete Korrespondent Krause einen Großteil der Zuschauer davon überzeugen, dass „der Grieche“ sich auf ihre Kosten bereichern will, oder in den Worten Krauses „es für das gottgegebene Recht seines Landes hält, auf Kosten anderer zu leben.“ (Tagesthemen-Kommentar vom 17. 02. 2015)

Dieser „Schuldenkrimi“ aktiviert in den Köpfen der Zuschauer den archetypischen Täter-Opfer-Retter-Frame sowie das durch diesen erzeugte Bedürfnis, dass die Werteordnung wiederhergestellt und der Gerechtigkeit genüge getan werden möge, indem die Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Das „Ischover“ des „Retters“ Schäuble ist das Erlösungsversprechen, mit dem sich der Sieg des Guten über das Böse ankündigt. Kurz: Diese archetypische Dramaturgie läuft von Beginn an konsequent auf den Grexit zu.

Betrachtet man nun im Einzelnen die lediglich für die ersten vier Wochen zusammengetragenen Episoden dieser Langzeiterzählung und die in ihnen enthaltenen Fehlinformationen, Verzerrungen und sinnentstellenden Auslassungen, so ist erkennbar, dass die medial vermittelten Wahrnehmungs-und Beurteilungskategorien dieser Geschichten überwiegend die sog. Deutschen (Sekundär-)Tugenden bzw. deren angebliche Missachtung sind: Zuverlässigkeit, Ordnung, Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Fleiß (hier im Sinne von Reformwilligkeit) und Sparsamkeit. Eigentlich fehlte der Berichterstattung nur noch der Aspekt der Sauberkeit (etwa in Form der Meldung über Fettflecken auf der Reformliste).

Diese gerade in Deutschland moralisch aufgeladenen, kollektiv identitätsstiftenden Werte laden den Zuschauer ein, sich mit der Verhandlungsseite der Gläubiger zu identifizieren. Der Zuschauer sieht die ihm wichtigen Werte einer permanenten Missachtung ausgesetzt, und zwar ausgerechnet seitens der Regierung jenes Landes, das im Rahmen von „Hilfspaketen“ eine „Milliardenhilfe“ seitens der „Geldgeber“ erhalten hat – also angeblich selbstlose Wohltaten, für die auch er als deutscher Steuerzahler haftet.

„Die Stärke der Narration ist, dass sie den Werte-Frame subtil transportiert – ohne ihn explizit zu nennen. Der Rezipient erkennt selbständig, dass das Thema einen für ihn bedeutsamen Grundwert tangiert“ [179], führt Herbert Flath in seiner Dissertation zu „Storytelling im Journalismus“ aus.

„Moral schlägt politische Inhalte“ [180]. Der vom US-amerikanischen Linguisten George Lakoff aufgestellten Kommunikationsmaxime, Fakten nur innerhalb moralischer Frames zu diskutieren, folgt die ARD-Berichterstattung ebenso wie das von Lakoff inspirierte Diskussionspapier der Bertelsmann Stiftung zu strategischer Regierungskommunikation aus dem Jahr 2006: „Gelungenes Framing zeichnet sich dadurch aus, dass Reformpolitik ihre Gestaltungsanliegen sprachlich mit gesellschaftlichen Sinn- und Wertzusammenhängen verknüpft.“ [181]

Ein solches stereotypenspezifisches Werte-Framing wirkt stark polarisierend. Es aktiviert und bestätigt zugleich das im Langzeitgedächtnis gespeicherte Stereotyp von den chaotischen (Geschichten 9, 11), unzuverlässigen (Geschichten 4, 5, 6, 7, 8, 11, 16, 19), trickreichen (Geschichten 2, 3, 5, 6, 7, 12, 16, 19), unpünktlichen (Geschichten 17, 18), unbeherrschten (Geschichten 2, 13), faulen (=reformunwilligen, Geschichten 5, 6, 8, 19) und verschwenderischen (Geschichten 1, 8 und 20) Südeuropäern, die angeblich die (nord-) „europäischen Gepflogenheiten“ (Rolf-Dieter Krause) missachten.

Es überrascht nicht, dass ausgerechnet Korrespondent Krause den Zuschauern in der Hart-aber-fair-Sendung vom 29. Juni 2015 das (vorläufige) Scheitern der Verhandlungen mit Griechenland so erklären will:

Hart aber fair Krause

„Wenn Sie in der Politik miteinander verhandeln wollen, dann müssen bestimmte Sekundärtugenden gewahrt sein: Das heißt, das, was man verabredet, muss verlässlich sein, man muss glaubwürdig sein, man muss sich die Wahrheit sagen.“

Die sachliche Debatte um ökonomische Lösungen für eine Schuldenkrise tritt in den Hintergrund zugunsten einer medial inszenierten Frage der Tugendhaftigkeit.

Mit Hilfe der so erzeugten „Illusion der Informiertheit“ wird das tatsächliche Informationsvakuum innerhalb der Berichterstattung verdeckt.

Die ökonomische Argumentation des international angesehenen Wirtschaftswissenschaftlers wird medial überklebt mit permanenten Meldungen über sein moralisch angeblich fragwürdiges Verhalten und die angebliche Undurchsichtigkeit seiner ökonomischen Pläne: Die Finanzierung der Wahlversprechen bleibe „ein Rätsel“, man wisse nicht, wie die Pläne der griechischen Regierung aussehen („Vielleicht hat er mündlich was vorgetragen“), angeblich wisse keiner der Finanzminister, „was die Griechen wirklich wollen“, denn Griechenland lasse sich „nicht in die Karten gucken“ und Varoufakis bleibe in jedem Fall „ein weiteres Mal rätselhaft“.

Der Faktor Kompetenz des griechischen Finanzministers wird auf diese Weise medial ausgeblendet und tendiert daher in der Wahrnehmung des Rezipienten gen Null.
Der Faktor Vertrauenswürdigkeit tendiert infolge permanent erfundener Trickster-Geschichten in der Wahrnehmung des Rezipienten ebenfalls gen Null.
Das Produkt aus diesen beiden Faktoren – Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit – ist laut Persuasionsforschung die (wahrgenommene) Glaubwürdigkeit eines Politikers: das strategisch entscheidende Feld jeder politischen Auseinandersetzung. Im Fall von Varoufakis erzielt die mediale Berichterstattung einen Glaubwürdigkeits-Wert, der ungefähr bei null liegen dürfte. Rufmord nennt es Varoufakis. „Schäuble ist beliebt wie nie“, ruft begeistert die ARD im Juli 2015 aus.

„Die neuen, auf die Maximierung der Aufmerksamkeit der Medienkonsumenten ausgerichteten Selektions- und Interpretationslogiken konstruieren den Lauf der Dinge wieder – wie die alte Geschichtsschreibung – als Produkt von Helden und Bösewichten, also als Ergebnis von Menschen und Taten und nicht von ‚Verhältnissen‘, welche die Menschen, ihre Taten und ihre Wirkungen erst erklären können.
Diese Regression medienvermittelter Kommunikation auf gut und böse ist ursächlich für den Wandel der seismographischen Funktion öffentlicher Kommunikation von der Problematisierung von Zuständen hin zur Skandalisierung von Personen. Der zivilisatorische Fortschritt gegenüber den öffentlichen Hinrichtungen der Vormoderne – in der das personalisierte Böse auch schon vor aller Augen getilgt werden musste – bemisst sich in der Spätmoderne daran, dass es ’nur‘ noch um den sozialen Tod des Delinquenten geht. Unterhaltend ist allemal beides.“ [182]

Neben der Polarisierung durch den Täter-Opfer-Retter-Frame und das nationalstereotypische Werte-Framing liefert die Berichterstattung eine dritte polarisierende Schablone, durch die hindurch der Zuschauer die Verhandlungen zwischen den Gläubigern und ihrem Schuldner betrachtet: das Erwachsenen-Teenager-Verhältnis, das den erwachsenen Teil im Gegenzug für die materielle Existenzsicherung des Minderjährigen zu dessen Erziehung, Ermahnung (Regeln müssen eingehalten , Hausaufgaben pünktlich abgegeben werden) und Disziplinierung/Bestrafung (die folgenreichste Androhung: der Grexit) berechtigt. Die Berichterstattung folgt 1:1 dem von George Lakoff dargestellten „Strenger-Vater-Moral-Frame“, der laut dem US-Linguisten die Kommunikationsstrategie konservativer Politik darstellt.

Wer sich nicht den Geldgebern „unterwerfen“ will, dem droht ein Donnerwetter. Das verdeutlicht Moderatorin Caren Miosga bereits am Tag der ersten Kabinettssitzung der Syriza-Regierung. Der Beitrag zum Außenministertreffen stellt den Außenminister eines souveränen Staates als „frischgebacken“ dar, der, weil er „querschoss“, „ins Gebet genommen“ werden musste. Die Ablehnung der Zusammenarbeit mit den Troika-Abgesandten in Athen wird als „ausgeheckter“ Streich eines sich „cool“ gebenden, rebellierenden Teenagers charakterisiert, der sich der Kontrolle (durch die Erwachsenen) entziehen will und vom Chef der Eurogruppe angeblich eine Lektion erteilt bekommt. Der Bundesfinanzminister ist Verfechter eines „strengen“ Reformprogramms, der Bundeswirtschaftsminister gibt sich „weniger streng“. Mit Griechenland „gab es schon wieder Ärger“, von einem richtigen „Halbstarken-Verhalten“ sei bereits die Rede, formuliert Nachrichtensprecher Claus-Erich Boetzkes. Korrespondent Thomas Bormann spricht vom „Spiel“ des „Schuljunge [n]“ und rät, die griechische Reformliste „streng“ zu überprüfen, und Ulrich Deppendorf fragt in seinem Kommentar vom 27. Februar 2015: „Verlieren wir die Geduld mit Griechenland?“

Auch durch den Strenger-Vater-Moral-Frame wird eine sachliche Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen und politischen Argumenten der griechischen Regierung umgangen: Statt den Zuschauer hierüber zu informieren, werden die Entscheidungen bzw. Standpunkte der griechischen Verhandlungsseite entweder als lachhaft dargestellt oder vor dem Hintergrund eines provokanten, rational nicht vernünftigen, ja unverantwortlichen Teenagerverhaltens erklärt, das konsequent auf einen selbstverschuldeten Graccident zusteuere:

„Die Eurofinanzminister glauben längst, sie seien im falschen Film. ‚Denn sie wissen nicht, was sie tun‘, könnte der Film heißen“, so Caren Miosga in ihrer Anmoderation vom 9. März 2015 auf den James-Dean-Klassiker anspielend, in dem Teenager als Mutprobe in Autos auf eine Klippe über dem Abgrund zurasen.
„Die griechische Regierung jedenfalls macht den Eindruck, als rase sie weiter sehenden Auges auf einen Abgrund zu“, urteilt die Moderatorin, während auf der Medienwand hinter ihr steile Meeresklippen emporragen, „der Fahrplan, den die Griechen […] vorgelegt haben, wird den Sturz in die Tiefe wohl kaum verhindern.“

Wer inmitten der Grexit-, später Graccident- Beschwörungen noch einwenden mochte, dass Griechenland als kulturelle Wiege Europas unverzichtbar für die EU sei, wurde eines Besseren belehrt: Der vom Finanzministerium übernommene Vergleich mit dem Trojanischen Pferd verdeutlicht die schon in der Mythologie verankerte (Kriegs-) List der Griechen, der Raub der Europa durch den in einen Stier verwandelten Zeus könnte in der Realität tödlich enden: „Manch einer hat inzwischen die Sorge, dass Europa vom Stier fällt und Schaden nimmt“, so der sichtlich bekümmerte Thomas Roth in den Tagesthemen vom 19. März 2015. Der Parthenon auf der Akropolis sei „Symbol für das gesamte Land: einst ein strahlender Tempel – heute eine Baustelle “ (Tagesthemen 6. März 2015). Das Wort „Chaos“, so warnt Korrespondentin Scharkus am 07. Juli 2015 den Zuschauer, ist griechischen Ursprungs und bedeutet laut Duden: „die Auflösung aller Ordnung“.

Auch eine „Semantik der Eskalation“ (Frank Schirrmacher), die aus Ausdrücken besteht wie „schrille Töne“, „Affront“, „aufeinanderprallende Welten“, „Eklat“, „heftiger Streit“ und „geballte Faust“ wird einen Großteil der Zuschauer davon überzeugen, dass diese „hemdsärmeligen“, „ruppigen“ (Thomas Roth 04.02.2015), „selbstverliebten“ (Ulrich Deppendorf 27.02.2015) „Halbstarken“ (Claus-Erich Boetzkes 12.02.2015), diese „Schuljungen“ (Thomas Bormann 21.02.2015) mit ihrer „Ruppigkeit-ich-will-nicht-sagen-Arroganz“ (Thomas Roth 16.02.2015), diese „unberechenbaren Teenager“ mit „frechem Grinsen im Gesicht“ (Angela Ulrich 08.07.2015), die ihre „Hausaufgaben“ (Caren Miosga 23.02.2015) nicht machen wollen und es als ihr „gottgegebenes Recht ansehen, auf Kosten anderer zu leben“ (Rolf-Dieter Krause 17.02.2015), „runter von den Bäumen“ (Ulrich Deppendorf 27.02.2015) müssen, „ins Gebet“ (Bettina Scharkus 29.01.2015) genommen werden müssen. Und wenn alle Ermahnung nicht hilft – „Ich-kann-gar-nicht-so-viel-fressen-wie-ich-kotzen-möchte“ [183] (Rolf-Dieter Krause, Presseclub, 14.06.2015) –, dann müssen diese „Schurken“ (Alois Theisen, 27.06.2015), vor allem dieser „irrlichternde Varoufakis“ [184] (Reinald Becker 29.06.2015) mal richtig diszipliniert, am besten „zum Teufel gejagt“[185] werden. (Rolf-Dieter Krause, Hart aber fair, 29.06.2015)

Schluss. Endlich. Isch over.

Den 27. Juni 2015, den Tag des vorläufigen Scheiterns der Verhandlungen, wird Moderator Roth, voreilig zwar, aber feierlich als „historischen Tag in der EU-Geschichte“ bezeichnen, da es das erste Mal nicht gelungen sei, ein Mitglied zu retten. Wer auf das Foto im Hintergrund des Moderators blickt, begreift schnell, dass die nicht geglückte „Rettung“ Griechenlands Tröstliches für den Rest der EU bereithält: den Sieg des Guten über das Böse. Während der Moderator die erlösenden Worte spricht, erstrahlt auf der großen Medienwand der Retter Europas in der Pose des Triumphators inmitten seiner Gefolgsleute:

Isch over

„Nun isch es also over, wie der deutsche Finanzminister bereits vor einiger Zeit gesagt und befürchtet hat. […]. Schäuble und seine Kollegen hatten am Ende einfach genug von den immer neuen griechischen Winkelzügen.“ [186]

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[175] Yanis Varoufakis. Interview mit Euronews, veröffentlicht am 23.02.2016.
[176] Yanis Varoufakis.  Pressekonferenz vom 27.06.2015 (ab Min. 4:56).
[177] ARD-Deutschlandtrend März 2015.
[178] Tagesthemen 09.03.2015.
[179] Herbert Flath: a.a.O., S. 215.
[180] Lakoff/Wehling: The Little Blue Book, a.a.O., S. 37.
[181] Bertelsmann Stiftung: a.a.O., S. 8.
[182] Kurt Imhof: Der hohe Preis der Moral. Politik und Wirtschaft unter dem Diktat der Empörungskommunikation, in: NZZ, 07.06.2002.
[183] Rolf-Dieter Krause. Presseclub 14.06.2015.
[184] Reinald Becker. Tagesthemen-Kommentar 29.06.2015.
[185] Rolf-Dieter Krause. Hart aber fair. 29.06.2015.
[186] Tagesthemen 27.06.2015.

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Verzeichnis der Literatur und Internetquellen