Türkei, es ist zu früh zum Feiern!
von Übersetzung FritztheCat
Das würden viele gerne sehen, dass sich die Türkei davonmacht, die NATO verlässt und seine psychologischen, politischen und wirtschaftlichen Verbindungen zum Westen kappt. Recep Tayyip Erdogan und seine Verbündeten sind jetzt im Clinch mit den USA und der EU, und plötzlich keimt die Hoffnung auf, die Türkei würde ihre Stellung in der Welt gründlich überdenken, ihre Beziehungen zu Russland und China stärken, die historische Freundschaft mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad erneuern und ihre Beziehungen mit dem Iran verbessern.
Ist so etwas vorstellbar? So plötzlich und so unerwartet? Wenn doch die Türkei BRICS beitreten würde, die NATO verlassen würde und sich aus dieser tödlichen Umarmung des Westens lösen könnte – dann würde sich die gesamte Welt verändern!Viele in meinem Bekanntenkreis sind schon in Jubelstimmung. Aber ich will nicht mitjubeln. Ich warte ab. Ich kenne die Türkei gut. Ich habe über 20 Jahre lang eng mit türkischen Freunden zusammengearbeitet. Fünf meiner Bücher wurden dort übersetzt und veröffentlicht, und in Istanbul bin ich in zahlreichen Fernsehsendungen erschienen.
Ganz ehrlich: Je mehr ich über die Türkei weiß, desto weniger verstehe ich sie!
Es ist eines der kompliziertesten Länder der Erde. Die Türkei ist launenhaft, voller Widersprüche und wechselnder Allianzen. Nichts ist wirklich so, wie es an der Oberfläche scheint. Und selbst unter der Oberfläche vermischen sich die Strömungen, teilen sich wieder und wechseln sogar die Richtung.
Über die Türkei zu schreiben, fair und gründlich, das ist ein Tanz durch ein Minenfeld. Am Ende versaut man es! Egal was man sagt, man wird eine große Anzahl der türkischen Bevölkerung vergraulen. Und das kommt hauptsächlich daher, dass es nicht die eine, objektive Wahrheit gibt. Und die verschiedenen „Lager“ sind sich untereinander nicht grün, von Grund auf und mit Leidenschaft.
Aus diesen Gründen bin ich überrascht, wie viele Auslandsanalysten sich plötzlich trauen, die jüngsten Entwicklungen in der Türkei zu kommentieren (und sogar unterstützen). Und wie überzeugt manche von ihnen klingen!
Viele der Menschen, die die Türkei nicht so gut kennen, feiern jetzt tatsächlich. Für sie ist alles klar: „Der türkische Präsident hat den Kurs geändert und sich bei Russland für den Abschuss des Jets in der Nähe der syrisch/türkischen Grenze entschuldigt. Und dann hat der Westen einen tödlichen Militärputsch inszeniert. Erdogan sagte: ‚Genug ist genug‘, hat die Intrige aufgedeckt und ging nach St. Petersburg, um den russischen Präsidenten Putin und Russland zu umarmen.“
Wenn es nur so einfach wäre. Ich würde gerne mitjubeln!
Stattdessen sitze ich vor meinem Computer und schreibe diesen Aufsatz über die Türkei. Ein Land das ich liebe, aber das ich über all die Jahre nicht verstanden habe.
***
Ich traf Recep Tayyip Erdogan im Istanbuler Büro seiner (damaligen) Partei Refah Partisi, RP, als er noch der Bürgermeister dieser größten türkischen Stadt war. Das war Ende der 90er und zu der Zeit war ich damit beschäftigt, bei der Berichterstattung über den „Jugoslawienkrieg“ nicht getötet zu werden. Ich bewegte mich zwischen Sarajewo, Pale, Belgrad und der Frontlinie. Während die meisten meiner Reporterkollegen per Zug für eine Auszeit nach Wien reisten (es gab keine Flüge und Ausländer durften nicht Autofahren), so bevorzugte ich Istanbul, ich nahm die Bummelzüge durch Bulgarien und Edirne. Ich hatte das Gefühl, ich müsste das Osmanische Reich verstehen, bevor ich wirklich den Balkan verstehen wollte.
Damals schaffte es Herr Erdogan, viele der Mittelschicht und die Gutbetuchten pro-westlichen und säkularen Bewohner Istanbuls zu verschrecken. Er gehörte einer islamistischen Partei an, und das in einer Stadt, die immer schon nach Europa geschielt hat. Aber er hat letztendlich einige durchgreifende Sozialreformen eingeführt und die Infrastruktur dramatisch verbessert, von der Müllentsorgung bis zum Transportwesen. UN-HABITAT war echt begeistert. Ich wollte mit ihm reden, ich wollte hören, was er zu sagen hatte. Und er willigte ein.
Anstelle eines religiösen Fanatikers traf ich einen egoistischen, ehrgeizigen und pragmatischen Politiker – einen Populisten.
„Sprechen Sie Türkisch?“, fragte er mich anstelle einer Begrüßung.
„Nicht gut“, antwortete ich. „Nur ein paar Worte.“
„Sehen Sie!“ rief er triumphierend. „Ihr Türkisch ist schlecht, aber den Namen meiner Partei, Refah Partisi, sprechen Sie perfekt aus, ohne Akzent! Ist das kein Beweis dafür, wie wichtig, wie unverzichtbar wir sind?“
Ich war mir nicht sicher…Ich versuchte ihn zu verstehen, seiner Logik zu folgen. Ich muss gestehen, dass ich mich in einem Schützengraben in Jugoslawien behaglicher fühlte als hier in Istanbul, angesichts dieses überwältigenden Mannes, der sich ganz offensichtlich auf einem Egotrip befand.
Aber er hat „geliefert“. Und das türkische Volk, viele von ihnen, hat ihn wiedergewählt und 2003 wurde er zum Ministerpräsidenten und 2014 zum türkischen Präsidenten.
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Und seit 2003 wurde Erdogan vom Westen nicht zurückgewiesen – Islamist oder nicht. Er war der de facto – Anführer eines Landes, das ein starkes und unmissverständliches Mitglied der mächtigsten westlichen Allianz war – der NATO. Und er machte keine Anstalten, die Verbindungen zu kappen.
Gelegentlich hatte die Türkei ihre kleinen Scharmützel mit dem Westen, den Partnern und „Kunden“. Aber nichts, was wirklich die Allianz gefährdet hätte. Nach der tödlichen Razzia 2010 auf ein türkisches Schiff auf dem Weg nach Gaza (Anm.d.Ü.: Mavi Marmara) legte sich Erdogan mit Israel an, aber hauptsächlich verbal. Die militärischen Verbindungen waren nicht betroffen: Beispielsweise hat die Türkei das Training israelischer Kampfpiloten an seinem Militärflughafen außerhalb von Konya nicht beendet.
Zu viele Widersprüche? Absolut!
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In der Türkei ist es momentan extrem schwer herauszufinden „wer wer ist“. Die Allianzen wechseln und die Positionen von Einzelpersonen und Organisationen verändern sich andauernd.
Die Außenministerin Hillary Clinton hat angeblich während eines Besuches in der Türkei die türkische Regierung gebeten, die wichtige sozialistische und nationalistische Zeitung Aydilink Gazeti abzuschalten. Aydilink hat mich mehrmals um ein Interview gebeten. Ich habe den Chefredakteur und andere Mitarbeiter interviewt. Ich arbeitete eng mit der verwandten Fernsehstation Ulusal Kanal zusammen. Dort ist einer der erfolgreichsten türkischen Dokumentarfilmer (und mein Freund) Serkan Koc beheimatet.
Serkan und seine Kameraden waren mir bei den Dreharbeiten meiner Dokumentation für den südamerikanischen Sender TeleSur sehr behilflich: Es ging um die Unruhen 2013 in Istanbuls Gezi Park und um ISIS, die in den „Flüchtlings“-Lagern und im Grenzgebiet zu Syrien in der Nähe der Stadt Hatay ausgebildet und unterstützt wurden.
Man erklärte mir, wie die Terroristen im Flüchtlingslager Apaydin und auch auf dem berüchtigten NATO-Stützpunkt gleich in der Nähe der Stadt Adana trainiert wurden – Incirlik Airbase. Dreimal hatte ich die Gelegenheit, die beiden Einrichtungen zu filmen und zu fotografieren, oft unter Lebensgefahr.
Aber fragen Sie mal die Hardcore-Linken in der Türkei, besonders die Kommunisten, über Aydilink und Ulusal Kanal. Die Antworten, die man bekommt, sind alles andere als einstimmig!
Und befragen Sie mal die Leute bei Aydilink zum Schicksal des kurdischen Volkes und zur PKK. Da bekommt man einige herabsetzende, zumindest aber extrem kritische Kommentare.
Selbstverständlich sind die meisten Kemalisten und nahezu alle Nationalisten gegen den kurdischen Kampf für Unabhängigkeit oder auch nur für eine Art von Autonomie. Sie glauben, dass es einen starken und säkularen türkischen Staat geben soll. Punkt. Und dass die PKK nur eine Bande von Terroristen sei.
Andererseits kümmern sich viele türkische Kommunisten um die Sache der Kurden und betrachten die Nationalisten und ihre Medien kritisch.
Aber wo steht die PKK wirklich, politisch gesehen? Nun, das kommt darauf an, wen man fragt! Einige sagen, sie sei die kurdische nationalistische Bewegung, und sie stehe ohne Zweifel „links“. Andere streiten das vehement ab und bezeichnen sie als eine „Fünfte Kolonne“, ja als ein CIA-Gewächs.
Aber die „kurdische Frage“ ist nicht die einzige, bei der sich die Türkei nicht einig ist. Fragt man etwa über den Völkermord in Armenien, so wird man schnell erkennen, dass man sich gerade mitten in ein Minenfeld begeben hat. Sogar die meisten türkischen Linken werden den Begriff „Genozid“ entschieden ablehnen. Man kann es sich in einer einzigen Nacht mit seinen meisten Freunden verscherzen, wenn man die kurdische oder die armenische Frage auch nur erwähnt.
Verwirrend? Warten Sie ab, es wird noch schlimmer. Wäre man vor 2014 zum Silviri-Gefängnis gefahren, etwa 80km von Istanbul, auf der europäischen Seite, dann wüsste man, was verwirrend bedeutet! Dieses Hochsicherheitsgefängnis beheimatete einige Hundert hochrangige türkische Generäle und Offiziere und auch Intellektuelle und Aktivisten. Sie alle saßen wegen der sogenannten Operation Sledgehammer ein (auf türkisch: Balyoz Harekati), ein angeblich gescheiterter säkularer Militärputsch aus dem Jahr 2003.
Aber wer waren diese Generäle, und was steckte wirklich hinter ihrer Festnahme? Ich traf mich mit einigen ihrer Familienmitglieder und filmte ihre Aussagen. Einige von ihnen lehnten Herrn Erdogan und seine AKP stark ab. Einige glaubten an einen türkischen „Eurasianismus“ und andere (wenngleich nicht viele und nicht nicht immer offen) waren gegen eine Mitgliedschaft der Türkei in der NATO.
Was immer es war: die Regierung fand diese Generäle und ihre Verbündeten „unbequem“, ja gefährlich. Die Beschuldigungen gegen sie waren vermutlich erfunden und das Ganze wurde in der Türkei und im Ausland schwer kritisiert. Aber die Regierung hatte einen starken Unterstützer, die Cemaat-Bewegung, eine islamistische Bewegung, die von dem im Exil lebenden Geistlichen und (damals) Verbündeten der AKP geleitet wurde, Fethullah Gülen!
Es war keine Überraschung, dass nach der Trennung von AKP und Gülen 2014 die Beschuldigten aus dem Gefängnis entlassen wurden und am 31. März 2015 wurden alle Verdächtigen freigesprochen.
Und jetzt beschuldigt Präsident Erdogan Fethullah Gülen, er stecke hinter dem jüngsten blutigen und gescheiterten Coup. Und er verlangt seine Auslieferung aus den Vereinigten Staaten in die Türkei! Wie schnell und grundlegend sich die Dinge in der Türkei doch ändern!
Was das alles noch komplizierter macht: Meine linken türkischen Kollegen – investigative Journalisten – haben mich bereits 2012 gebeten, die Aktivitäten der Cemaat-Bewegung allgemein zu untersuchen und Fethullah Gülen im besonderen. In Afrika (wo ich damals stationiert war), hauptsächlich in Zusammenhang mit der Errichtung von Schulen und der Verbreitung von allen möglichen gefährlichen Formen extremistischer religiöser Erziehung. Damals wurde Fethullah Gülen in der Türkei noch als ein enger Verbündeter der USA und der AKP angesehen!
Manchmal schlug der „Neo-Ottomanismus“ der AKP über die Stränge, was den Westen anbetrifft. Aber im Allgemeinen blieb die Türkei auf Linie, unterstützte den Westen und dessen imperialistische Politik in der Region. Und bis vor nicht allzu langer Zeit war der Hauptverbündete der AKP (und dessen jetziger Erzfeind), Fethullah Gülen, Teil der „guten Sache“.
Mein Freund Yigit Günay, ein Autor, Historiker und Journalist, der in Kuba ausgebildet wurde, erklärte mir einige Monate vor dem jüngsten Coup:
„Diese Politik nennt sich Neo-Ottomanismus. Die Idee dahinter war, dass die AKP-Regierung, oder halt die Türkei, als Subunternehmen des westlichen Imperialismus in der Region arbeitet. Und als Subunternehmer würden sie ihre eigene Einflusssphäre erweitern, in jenen Regionen, die du gerade genannt hast. Damals gab es auch die in den USA stationierte Gülen-Bewegung. Jetzt sind die Regierung und sie verfeindet, aber damals waren sie Alliierte. Die Gülen-Bewegung war besonders in Afrika aktiv, denn ihr berühmtes Hauptgeschäft war die Errichtung von Schulen und Universitäten. Und sie haben jede Menge Geld. Ich las einen Bericht, wonach die Bewegung 2013 alleine in den USA 130 „staatlich anerkannte“ Schulen besaß…Und wenn die Schulen staatlich anerkannt sind, dann bekommen sie auch vom US-Steuerzahler Millionen von Dollars. Und sie sind sehr gut organisiert. Sie haben riesige Firmen. Sie sind reich. Und sie benutzen diesen Reichtum, um ihren Einfluss zu mehren.
Als der Arabische Frühling begann, da waren der gegenwärtige Präsident Recep Tayyip Erdogan und die AKP eigentlich sehr skeptisch. Sie haben nicht verstanden was vor sich geht. Bis es die Amerikaner es ihnen sagten…
‚Keine Sorge – wir veranstalten das Ganze…‘
Als die NATO-Jets damit begannen, Libyen zu bombardieren, da hielt Erdogan eine Rede und sagte im Grunde: ‚Was zum Henker macht die NATO da? Libyen bombardieren?‘ Und zwei Tage später war die Türkei Teil der Mission. Die Amerikaner sagten zu ihm: ‚Bist du blöd? Merkst du nicht was passiert?‘ Und dann hat er rasch seine Meinung geändert.
Aber der Hauptgedanke hinter all dem war: Der Arabische Frühling war im Grunde pro-AKP. Es war das was man ‚Regime-Wechsel‘ nennt, quer durch die ganze Region. Die neuen Regime waren hauptsächlich islamistisch und damit hatte die AKP die Möglichkeit, in ihnen Einfluss zu gewinnen.“
Alles was ich oben geschrieben habe soll nur illustrieren, wie komplex das politische türkische Labyrinth ist.
Es gibt da fast keine Konstanten; Wanderdünen kommen einem dabei in den Sinn als passendste Metapher.
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Also – wohin steuert die Türkei tatsächlich?
Besteht die Möglichkeit, dass sie sich am Ende nach Osten wendet?
Natürlich gibt es große Hoffnungen! Natürlich können einige dieser Hoffnungen, wenigstens teilweise, berechtigt sein. Aber ich bin vorsichtig, es ist mir zu früh zum Feiern.
Der Westen weiß ganz genau, dass ein „Verlust der Türkei“ ein gewaltiger Rückschlag seiner geopolitischen Interessen wäre. Soll heißen: seiner totalitären imperialistischen Pläne. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass man dieses große Land mit einer der wichtigsten geostrategischen Lagen auf der Welt einfach friedlich ziehen lassen wird.
Wenn der türkische Präsident nicht dem Westen gehorcht, wenn er tatsächlich sein Land aus der NATO zurückzieht, wenn er die Luftwaffenbasis Incirlik (mit ihren etwa 50 Atomsprengköpfen) schließt, und wenn er gar die türkischen Militäreinrichtungen mit den Russen teilt, dann wird der Westen mit Sicherheit Gewalt anwenden, womöglich brutale Gewalt. Dann würde Folgendes auf der Liste stehen: Mordversuch, noch ein Militärputsch oder ein von außen angezettelter Aufstand? Wir wissen es nicht, aber wir können raten: es würde ein widerliches Blutvergießen geben.
Und auf welcher Seite würden die türkischen Intellektuellen stehen? All die bekannten Journalisten, Künstler und Akademiker? Die sind oft sehr mutig (Chomsky und ich nennen sie in unserem letzten Buch „einige der mutigsten der Welt“), aber wo ist ihre echte politische Loyalität? Manche von denen sind reine Sozialisten, sogar Marxisten, aber bestimmt nicht alle. Viele von denen blicken eigentlich stramm nach Westen: Paris, London, New York und Berlin.
Einer meiner türkischen Herausgeber und mein Freund, der verstorbene und international anerkannte türkische Physikalchemiker und Molekularbiologe Oktay Sinanoglu (oft als „türkischer Einstein“ bezeichnet), war einer der lautesten Kritiker des westlichen Imperialismus. Aber er war auch für viele Jahre Professor an der Yale-Universität, und seine letzten Jahre verbrachte er hauptsächlich in seinem Strandhaus in Florida. Für meinen Geschmack war seine Liebe zur Türkei zu sehr „Wochenendbeziehung“, zu „platonisch“.
Türkische Intellektuelle können sich nicht einmal darauf einigen, welche Schriftsteller sie bewundern sollen. Zwei der berühmtesten zeitgenössischen, türkischen Romanciers, der Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk und Elif Shafak, werden von vielen als zwei mittelmäßige Literaten angesehen, die sich komplett an den Westen verkauft haben. Die ein Portrait der Türkei liefern würden, wie es von ihren ausländischen Herausgebern und dem Publikum erwartet wird.
Viele junge und gebildete Türken sind in jüngster Zeit nach Südamerika gegangen, um von den neuen revolutionären Trends, Regierungen und Bewegungen zu lernen. Andere reisen nach Asien. Beispielsweise sind Intellektuelle aus Istanbul wesentlich kosmopolitischer als ihre schockierend eurozentrischen und provinziellen Kollegen aus Athen. Aber der europäische Säkularismus und Liberalismus sind für die meisten städtischen Türken immer noch die größten Bezugspunkte und sogar ein Ziel.
Möglicherweise sind sie „gegen die NATO“ und „gegen die US-Außenpolitik“, aber wofür sie tatsächlich sind ist oft ungewiss.
Würden sie die Regierung unterstützen, wenn die sich entschließen würde, die NATO rauszuschmeißen und stattdessen auf Russland und China zuzugehen? Wären sie dafür, dass die Türkei den BRICS beitritt?
Herr Erdogan ist ein gewiefter und pragmatischer Politiker. Er kennt sich aus mit Handel und „Verhandlungsmasse“. Er weiß, was sein Land wert ist – für den Westen und seinen Imperialismus, und für jene die dagegen sind!
Seine Beliebtheit im Inland steigt, sie erreicht fast 70%. Er hat eindeutig die „moralische Unterstützung“, wenn er den Westen entweder für dessen Unterstützung (oder die Initiierung) des jüngsten Coups kritisiert, oder dass zumindest nichts getan wurde, um die „legitime Regierung“ der Türkei in einer großen Krise zu schützen.
Und der Westen nimmt jetzt seine Drohungen ernst, zum ersten Mal!
Wenn man die Erfahrungen der Vergangenheit nimmt, dann könnte Erdogan jetzt damit anfangen, richtig hart mit Washington, Berlin und anderen westlichen Hauptstädten zu verhandeln. Die jüngste „Annäherung an den Osten“ könnte auch nur ein extrem guter Bluff sein.
Das wissen Obama und Putin auch. Daher sind US-Beamte auch nicht wirklich „besorgt“ über die in der Türkei gelagerten Atomwaffen. (Anm.d.Ü.: Oder wollen die USA ihre Atomwaffen jetzt doch nach Rumänien verlagern? Quelle zerohege) Daher war Putin auch sehr höflich während seines Treffen mit Erdogan in St. Petersburg; höflich, aber nicht mehr.
Alle warten auf den nächsten Schritt der Türkei. Und Herr Erdogan lässt sich damit vermutlich Zeit. Die Zeit arbeitet für ihn. Vielleicht spielt er beide Lager – das imperialistische und das anti-imperialistische – gegeneinander aus. Hauptsache es funktioniert!
Russland und China (abgesehen davon, dass sie auf der richtigen Seite der Geschichte stehen) haben eine Menge zu bieten: Die neue Seidenstraße vom Pazifischen Ozean bis nach Istanbul, inklusive Hochgeschwindigkeitszugverbindungen, IT-Leitungen, Pipelines und auch die völlige Neugestaltung des leidenden türkischen Energiesektors. Das sind nur ein paar der „Leckerlis“.
Die Türkei würde vom Westen schon mehr erwarten, viel mehr, damit sie das Angebot aus dem Osten überbieten.
Leider hat all dies anscheinend nichts mit Ideologie zu tun oder auch nur mit „richtig oder falsch“, es geht nur um kalten Pragmatismus und praktische Berechnung.
Aber wie ich schon Eingangs schrieb: Ich habe nicht das Gefühl, dass ich die Türkei wirklich verstehe! Und einige meiner türkischen Genossen schreiben mir jetzt und sagen, sie würden „das auch nicht verstehen!“
Alles kann sich dort verändern. Die Menschen verändern sich. Der pragmatische Vater der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, war ein waschechter türkischer Nationalist, aber stark durch den „säkularen Westen“ beeinflusst. Darüber hinaus musste er, um die Nation stark, einig und unabhängig zu halten, die westlichen Mächte bekämpfen und er akzeptierte eine Menge an militärischer und wirtschaftlicher Hilfe aus der Sowjetunion.
Der Präsident der Türkei hält jetzt die Zukunft der Region und der Welt in seinen Händen. Er weiß das nur zu gut. Er kann mit einem Federstrich Geschichte schreiben.
Nur für den Fall, dass er eine gute Entscheidung trifft, habe ich eine Flasche guten Champagner in meinem Kühlschrank. Gut gekühlt und bereit zum Öffnen, jederzeit. Ich hoffe; ich hoffe echt, dass es bald eine Gelegenheit gibt, den Korken an die Decke zu schießen!
Andre Vltchek ist ein Philosoph, Romancier, Filmemacher und investigativer Journalist. Er berichtete über Kriege und Konflikte in Dutzenden von Ländern. Seine neuesten Bücher sind: “Exposing Lies Of The Empire” und “Fighting Against Western Imperialism”. Diskussion mit Noam Chomsky: On Western Terrorism. Point of No Return ist sein von der Kritik gefeierter politischer Roman. Oceania – ein Buch über den westlichen Imperialismus im Südpazifik. Sein provokantes Buch über Indonesien: “Indonesia – The Archipelago of Fear”. Andre macht Filme für TELESUR und Press TV. Nachdem er für viele Jahre in Lateinamerika und Ozeanien lebte, verlegte er seine Arbeit kürzlich nach Ost-Asien und dem Nahen Osten. Er kann über seine Website oder Twitter erreicht werden.
In Deutschland wurden Fronten geschaffen, die es nie gab: Linke und Rechte. „Teile und herrsche!“ mit Phantomen funktioniert auch in der Türkei.
Aussage eines Türken: „Die „Türken“ sind ein Vielvölkerstaat. Das bedeutet, es gibt
neben den verschiedenen Turkvölkern wie Tataren, Kasachen, Kozaken, Usbeken,
Tscherkessen, Aserbaidschanen, noch die Araber, Lazen, Armenier, Bosnier, Albaner,
Kurden und noch einige andere die ich vergessen habe oder nicht kenne. Das hängt mit der osmanischen Historie zusammen. Nach Zerfall des osm. Reiches haben diese in der heutigen Türkei ihre neue Heimat gefunden – wobei einige schon immer innerhalb Anatoliens gelebt haben. Nun muss man weiterhin wissen, dass der Anteil der kurdischstämmigen Bevölkerung bei ca. 20% liegt und die Kurden sich aber in den letzten 1000 Jahren mit allen anderen Volksgruppen ziemlich vermischt haben. Es ist unmöglich in der Türkei zu behaupten, der Angehörige einer bestimmten Volksgruppe zu sein. Es gibt keine 100% „Türken“, „Kurden“ oder „Araber“ mehr in der Türkei. Es ist auch absolut nicht möglich, einen Kurden, Türken oder Lazen anhand seiner Sprache, Religion oder seines Aussehens zu unterscheiden.“
Zitatende aus
21. August 2016 | Zur Lage der Türkei und Umgebung
http://www.dzig.de/Der-Staat-BRD-fuehrt-einen-Angriffskrieg-gegen-den-Staat-Syrien#comment-1391
Fakt aber ist eine Wiederannäherung der Türkei und Russlands, die noch vor kurzem undenkbar erschienen wäre. Unklar bleibt deren Substanz und auch das strategische Kalkül der Amerikaner bei der Unterstützung der Kurden, da der Bündnispartner Türkei kaum einen kurdischen Staat in Syrien zulassen wird. Sollte mit der Türkei allerdings Stillhalten bei entsprechenden Gegenleistungen vereinbart worden sein, würde die Strategie des Westens und Israels Sinn machen.
„Syrien: Türkei kommt Russland nach Kurden-Offensive zu Hilfe
In der Schlacht um Aleppo haben Kurden-Milizen den Russen und Syrern mit einer Offensive um eine wichtige Versorgungsstraße Probleme bereitet. Die Türkei kam den Russen mit einer Attacke gegen die Kurden zu Hilfe. Ohne diese Unterstützung besteht die Gefahr, dass sich die islamistischen und internationalen Söldner neu formieren können.“
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/08/23/syrien-tuerkei-kommt-russland-nach-kurden-offensive-zu-hilfe/
Erdogan versucht derzeit mit allen Mitteln die Kurden im Nahen Osten und Türkei ideologisch umzupolen und oder gewaltsam zu indoktrinieren. In der Türkei steht jeder Kurde, der kein Mitglied oder Wähler der AKP-Partei ist, unter Generalverdacht ein PKK-Mitglied zu sein!
Die einzigen säkularen und menschrechte schützende Organsationen der Kurden in der Region die YPG, hat die türkische AKP-Partei als Terror-organsation gebrandmarkt
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43325/1.html
Erdogan erklärt andauernd die kurdischen Terroristen PKK und YPG „Terroristen“ bekämpfen zu wollen, allerdings weigert er sich die noch gefährlichere Gruppe von kurdischen Terroristen den Krieg zu erklären, die der Konfession des sunnitischen Steinzeitislam angehören.
Damit meine ich folgende kurdische Terror-Organsationen bzw. militante kurdische Sekten, die mit Erdogan sogar kooperieren und zusammenarbeiten:
kurdisch-sunnitische Hisbollah
https://de.wikipedia.org/wiki/Hizbullah_(T%C3%BCrkei)
die kurdische Hamas
https://en.wikipedia.org/wiki/Kurd_Hamas
die Dschund-al-islam, mit vielen kurdischen Mitgliedern gibt
https://de.wikipedia.org/wiki/Dschund_al-Islam
Ansar Al-Islam of North-Iraq
https://www.hrw.org/legacy/backgrounder/mena/ansarbk020503.htm
die kurdisch-sunnitische Muslimbruderschaft
https://en.wikipedia.org/wiki/Kurdistan_Islamic_Union
Kurdish Islamic Front, die in Syrien operiert und mit Al-Nusrah Front eine Allianz eingegangen ist.Das sind laut Erdogan keine Terroristen!
Nordiraks Kurden kontrolliert von der militanten Peschmerga übernehmen inzwischen erfolgreich die steinzeitislamischen Sitten und Bräuche und setzen auf den Steinzeitislam. So wie Erdogan und Wahhabi Saudis es geplant haben
http://politikforen.net/showthread.php?72078-Nord-Irak-Die-Kurden-beschneiden-ihre-Frauen
https://www.hrw.org/de/news/2010/06/16/irak/autonome-region-kurdistan-frauen-und-madchen-leiden-unter-den-folgen-von
Erdogan beabsichtigt schrittweise alle Kurden im Nahen Osten umzupolen und die Kurden ideologisch notfalls sogar gewaltsam zum richtigen religiösen und politischen Glauben indoktrinieren…
Es ist auch kein Zufall warum AKP-Anhänger in Deutschland Mordrohungen an alevitische Kurden in letzter Zeit besonders häufig schicken. Denn die Aleviten, die keine AKP-Wähler sind, laut türkischen Theologen werden alle als Ketzer und Ungläubige abgestempelt!
Dok ich finde deinen Artikel über die Türkei lesenswert. Den T-online Artikel habe ich hier nur plaziert, weil dieser Artikel mittlerweile ja ganz allgemein diskutiert wird, soll heißen, die Leute kapieren schon irgendwie, das da was im Argen liegt, also was Bedrohliches. Aber ein bisschen Spaß mag ich auch schon noch haben und daher folgender Link auf das Satiremagazin TITANIC. Lange nicht mehr gelesen aber immer noch sehr amüsant :-)
http://www.titanic-magazin.de/news/vorsorgen-fuer-den-kriegsfall-was-jetzt-jeder-zu-hause-haben-muss-8290/
http://www.titanic-magazin.de/briefe/2016/august/#c26198
Teile sicher nicht jeden Humor der Titanic, aber sie bringen die Dinge oft auf den Punkt, auch wenn es nicht jedem gefällt und manchmal kann man wirklich darüber lachen oder gar schmunzeln
Du kapierst es nicht! Der Artikel ist NICHT von mir.
Das steht auch FETT oben drüber: COUNTERPUNCH Autor: ANDRE VLTCHEK
Wenn du nicht einmal in der Lage bist, solch simple Fakten zur Kenntnis zu nehmen, ist deine Medienkompetenz NULL und die Titanic-Witzchen haben an dieser Stelle nichts verloren.
DOK, um Missverständnisse zu vermeiden, ich wollte mit dem Link auf die Meinung eines Artikels auf die Telekom hinweisen und Dir eigentlich Recht geben in Deiner Vermutung, dass die Kriegsvorbereitungen wohl ziemlich weit gediehen sind. Ich verbreite Deine Mutmaßungen politischer Art sehr wohl, weil ich sie richtig finde. Was Medien betrifft, ist meine Kompetenz durchaus sachlich. Ich lese auch Jürgen Elsässers Einlassungen, auch die , TZ und gelegentlich die Süddeutsche und verbreite – soweit möglich auch privat – Deine gelinkten Beiträge aus der Propagandashow. Und mal etwas gelassen gesehen, mir ist die TITANIC oder sagen wir linke Satire, bestimmt lieber als rechte Satire. Mag ja sein, dass Titanic-Witzchen in deinem Blog nix zu suchen haben, aber es gibt sie halt mal und Du gehst ja zum Lachen auch nicht in den Keller, oder?
Ich habe nichts gegen Titanic-Witzchen, aber sie sollten an passender Stelle verlinkt werden.
Bei aller Hoffnung, dass der Krieg durch die eigene Linie von Erdogan und seiner Annäherung an die russische Assad-Unterstützung bald ein Ende haben könnte, macht mich folgende Meldung oder Artikel völlig wirre:
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49185/1.html
Stellt sich eben die Frage, ob dies auch so ist, wie der Verfasser die Situation beschreibt.
Dann ist es wieder wie vorher: Jeder gegen Jeden und keiner weiß eine klare Richtung. Außerdem kann ich nicht glauben, dass durch die syrische Armee jetzt gezielt zivile Ziele anvisiert werden.
Ich gebe trotz aller Gegenanzeichen die Hoffnung nicht auf, dass „unsere“ Volkszertreter zur Vernunft kommen. Ganz sicher kommen sie zur Vernunft, wenn der Sensenmann an ihre Tür klopft, vielleicht auch viel früher.
Die Türkei ist zu wichtig für Nato – notfalls macht man mit den Nato-Söldner aus Syrien (diesen Terroristen) einen Krieg in der Türkei und zieht die einfach rüber – selbst wenn das das nicht klappt , dann macht man Sanktionen oder hetzt ein anderes Land auf die Türkei .. die Türken können aber VIEL verlangen, sehr viel (EU , mehr Waffen, mehr Gelder usw)
Kann sein das die Türken nur das Maximale raushandeln wollen. Wir werden es erleben.
Nur, Erdogan weis (wenn die Amis hinter dem Pusch stecken) das er auf der Abschussliste steht. Er weis, das die USA ihm nicht mehr trauen werden, selbst wenn er macht was sie wollen. Er kann nie mehr ruhig schlafen. Für ihn persönlich kann es nicht mehr schlimmer kommen. Jetzt kann er wirklich völlig „vogel“ -frei für das türkische Volk handeln. Er weis außerdem, das die Amis die Türken immer vors Loch schieben werden, egal was er aushandelt. Wo wird seine Reise hingehen ?
Gesicherte Erkenntnis dürfte zumindest sein, daß man es in diesen sogenannten „Denkfabriken“ nunmehr mit einer tatsächlich überraschenden Entwicklung zu tun hat, sprich, es kam halt ganz plötzlich anders wie gedacht. (Am Rande erwähnt gefällt mir dieses Wording bzgl. „Denk“fabriken gar nicht, da hier etwas viel zu positiviert erscheint. Das hat soetwas von fortschrittlicher Forschung, stattdessen wird ja in diesen Institutionen ständig nur das kommende Ungemach der Welt ausgeheckt).
Woran kann man das erkennen? Nun, eben die etablierte Verdrehungspresse als Arm & Werkzeug dieser Welt-mit-Schlechtem-Überzieher scheint ja in so eine Art völlig ungewohnte Schockstarre verfallen zu sein. Die „Wende“ des Erdowahn hat man zwar selbstverständlich -spätestens seit dessen Umarmung mit Putin- erkannt, kann aber auch aufgrund dessen riesigen Erpressungspotentials (Danke auch der Angela M. geborene Kasner) in Form der Migrationswaffe, an dessen Haupt-Zünder Erdowahn ja bekanntlich sitzt, noch nicht zur großen Hetze blasen, wie das ja sonst bei in Ungnade gefallenen Despoten stets der Fall war/ist.
In diesen Wochen und Monaten werden wohl die Klimaanlagen in den geopolitischen Hexenküchen mächtig rauchen. Was auch immer dabei rauskommt, von einem Thema sollte sich niemand etwas ernsthaft erwarten: Die „Wahl“ des neuen US-Präsidentendarstellers. Als Showman im Verblödungsfernsehen hat sich der Trump ja schonmal bewährt und hier eine Wende zum besseren zu erwarten dürfte ausgesprochen naiv sein. Vielleicht will dieser eitle Finanzganove auch nur mal eine eigene 747 statt 767 fliegen, wer weiß ………………..
Herr Andre Vltchek beschreibt in diesem profunden Beitrag die geopolitischen Entwicklungen und Optionen der Türkei unter Präsident Erdogan sehr facettenreich und dialektisch. Allerdings tut er das alles nur im Hinblick (oder habe ich es überlesen?) auf die macht- und wirtschaftspolitischen Aspekte bezogen. Dabei kann die Beurteilung der Politik Erdogans gar nicht losgelöst von dessen religiösen Überzeugungen, die allesamt auf dem Koran beruhen, betrachtet werden. Erdogans Politik wandelt sich gerade (in voller Anwendung der islamischen Kunst der Verschleierung der eigentlichen Überzeugungen – Taqiyya) vom Erbe Kemal Atatürks (Trennung von Religion und Staat) in eine Koran-gerechte Politik, die niemals eine andere Macht akzeptiert als die Allahs und seines Propheten Mohammed. Die Zustimmung seines Volkes signalisiert ihm, dass er auf dem richtigen Weg ist, die Fesseln der Fremdbestimmung (NATO, EU und die westliche Politik schlechthin) abzuwerfen. Nun sucht er sich Bundesgenossen, die frei sind von westlicher und schein-demokratischer Bevormundung und die seinem Machtanspruch bei der Durchsetzung eines vom Koran bestimmten Staatswesens freie Bahn lassen. Am Beispiel der Umwandlung des Iran in einen islamischen Staat ist der noch zu erwartende Prozess abzusehen-nur eben nicht in dem – im wahrsten Sinne mörderischen -Tempo der politisch religiösen Umwandlung des Iran der Jahre 1979-82. Erdogan nimmt die Dogmen und Lehren des Koran sehr ernst – und diese dulden keine Halbheiten oder Fremdbestimmung. Langsam und mit immer größerem Tempo legt Erdogan seine Verschleierungs-Taktik ab und baut die Türkei in einen unabhängigen Staat um, in dem die Lehren des Koran bestimmend sind. Das ist die Richtung und danach kann jeder weitere politische Schritt Erdogans bemessen werden. Erst unter diesem Aspekt erscheint der Putsch vom Juli 2016 als ein (letzter?) Versuch diesen Weg Erdogans zu beenden und die Türkei als Bündnispartner des Westens zu erhalten. Das ganze Nichtverständnis der politischen Absichten Erdogans und des Weges der Türkei, das Herr Andre Vltchek so vehement reklamiert, ist allein mit dem Schlüssel einer „islamischen Revolution“ zu erschließen.
@Andre Vltchek „Wenn der türkische Präsident nicht dem Westen gehorcht, wenn er tatsächlich sein Land aus der NATO zurückzieht, wenn er die Luftwaffenbasis Incirlik (mit ihren etwa 50 Atomsprengköpfen) schließt, und wenn er gar die türkischen Militäreinrichtungen mit den Russen teilt, dann wird der Westen mit Sicherheit Gewalt anwenden, womöglich brutale Gewalt. Dann würde Folgendes auf der Liste stehen: Mordversuch, noch ein Militärputsch oder ein von außen angezettelter Aufstand?“
Erdogan ist kein Selbstmörder und kein Märtyrer. Er wird solange taktieren wie möglich um seine Ziel durchzusetzen und am Leben und der Macht zu bleiben.
Ich glaube auch nicht an die starken religiösen Überzeugungen wie gerhard1946 schreibt. Diese Machtmenschen haben immer Religionen und Ideologien für ihre Zwecke des Machterhalts genutzt. Dabei hörten sie sehr wohl auf die Stimme des Volkes. Sie nutzten und nützen die im Volk aufkeimenden Bestrebungen und Wünsche und schwangen sich als die Führer dieser Volksbewegung auf. Nicht Erdogan treibt die Türkei in den Islamismus, er ist nur dessen Sprachrohr. Den Völkern aufoktroyierte Ideologien wurden früher oder später infrage gestellt und revolutionär beseitigt.
Aber der Mordversuch stand doch wohlmöglich (wenn die USA hinter dem Putsch stecken) schon auf der Tagesordnung. Wenn das ein echter, von den USA angetriebener Putsch war, dann weis Erdogan, woran er mit den USA ist. Dann weis er, dass er sich bereits in höchster Lebensgefahr befindet. Unter welchen Umständen kann ein Mensch dann diesen Leuten und ihren Versprechungen trauen ?
Es ist für mich ziemlich klar, dass Erdogan ein in der Wolle gefärbter Islamist ist. Schliesslich hat er 1998 sein Zitat
„Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten“
gebracht und ist dafür eingesessen. Danach hat er die genannte Taqiyya wiederentdeckt, das Vertrauen der Bevölkerung gewonnen, indem er die Wirtschaft ans Laufen brachte, und jetzt hat er fast freie Bahn.
Genau, dieser Hinweis bzw. die Einarbeitung der religiösen Ausrichtung Erdogans hätte dem Artikel geholfen. Aber: in der Nacht des Putsches gingen auch Erdogan-Gegner für Erdogan auf die Strasse. Für einen Türken steht der nationale Stolz noch weit über Erdogan, wird der verletzt, dann kracht es. Ne mutlu Türkim dijene, das unterschreibt auch ein Kurde, er stellt aber seinen eigenen Stolz ein Kurde zu sein, nochmal darüber. Zwei Bullen in einem Stall, das geht nicht gut!
Guter Artikel DOK, aber ich kann deine Hoffnungen nicht teilen
http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_78758500/notfallplan-der-regierung-bevoelkerung-soll-vorraete-horten.html
Von wem ist der Artikel?
Keine Ahnung Dok
t-online hat diesen Artikel veröffentlicht, aber von wem, sorry
http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_78758500/notfallplan-der-regierung-bevoelkerung-soll-vorraete-horten.html
Du bist im Gegensatz zu mir Journalist?
DU hast geschrieben: „Guter Artikel DOK, aber ich kann deine Hoffnungen nicht teilen“
Du wirst doch wohl wissen, welchen Artikel du meinst und welche „Hoffnungen“?
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass Du richtig liegst mit Deiner Einschätzung. Habe deine Links auch schon weitgehend verbreitet. Viele T-online Leser ahnen schon auch, dass da was im Busch ist. Die TITANIC ist sicher nicht mein Medium, aber nimm es gelassen, die hat hier im Blog sicher was zu suchen oder fängst Du schon an genehme oder weniger genehme Meinungen zu sortieren? Wäre schade
http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_78758500/notfallplan-der-regierung-bevoelkerung-soll-vorraete-horten.html
Wenn man diesen „Artikel“ genauer liest, könnte man auf die Idee kommen, dass es sich um eine alte Kamelle ( beauftragt 2012 vom Haushaltsausschuss?) halten…..
Dazu etwas ausführlicher DWN
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/08/21/bundesregierung-buerger-sollen-lebensmittel-und-bargeld-bunkern/
…“Interessant: Die FAZ berichtet in diesem Zusammenhang, dass sich die Bundesregierung auch Gedanken über ihre eigene Sicherheit macht. Die Zeitung schreibt, dass in dem Papier wörtlich stehe: „Für den Fall der Aufgabe des Dienstsitzes sind Vorkehrungen zu treffen, um die Aufgabenwahrnehmung einer Behörde an einen anderen, geschützteren Platz (Ausweichsitz) verlagern zu können.“
Es ist unklar, ob diese Vorbereitungen mit einem möglichen Kriegsfall zu tun haben. Die Bundesregierung hat erst kürzlich ihre Militär-Strategie verändert und betrachtet Russland als Feind. Die Nato hält einen Angriff Russlands auf das Nato-Territorium für möglich. Daher will die Nato die USA und die EU auch außerhalb des eigenen Territoriums verteidigen. Die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, dass in dem Konzept „die Notwendigkeit eines verlässlichen Alarmsystems, eines besseren baulichen Schutzes von Gebäuden und ausreichender Kapazitäten im Gesundheitssystem erörtert“ würde. Reuters weiter: „Die zivile Unterstützung der Streitkräfte solle wieder zu einer Priorität werden. Dazu gehörten Eingriffe in die Verkehrslenkung, wenn die Bundeswehr Kampfverbände verlegen muss.“
Geben Sie bitte Bescheid, wenn Sie den Korken der Flasche knallen lassen. Danke für den
sehr informativen Aufsatz
Der Bericht trifft es im Allgemeinen wohl ziemlich gut.
Aber türkischer Präsident Erogan bedenke:
Die Amerikaner werden Dich wieder verarschen und als Spielball benutzen, egal welchen Preis sie Dir in Aussicht stellen. Du kannst ihnen niemals trauen.
Ich denke, das Erdogan schlau genug ist, dies zu begreifen. Und wenn die CIA tatsächlich hinter dem „Putsch“ steht, dann weis er um die Gefahr für sein Leben, und wer ihm danach trachtet. Aus meiner Sicht hat er nur die Chance mächtige Allianzen vorzubereiten/zu schmieden, um einen geordneten, Rückzug ohne großes Blutvergießen antreten zu können. Ich an seiner Stelle würde den Amis/Europa kein einiges, angeblich wohlwollendes, Zugeständnis bezahlen. Bestenfalls würde ich zum Schein drauf eingehen und mitnehmen, was umsonst mitzunehmen ist, ohne selbst zu liefern. An Erdogans Stelle schiene mit der böse „Diktator“ Putin doch wesentlich vertrauenswürdiger.
Vltchek ist einer der größten zeitgenössischen Denker der Welt. Dabei ist er Zeit seines Lebens in den Krisengebieten dieser Welt zuhause und nicht wie deutsche Sesselfurzeranalysten in gut geheizten Stuben. Sein 800 Seiten starkes Manifest „Exposing Lies Of The Empire“ sollte jeder gelesen haben, der die Dimensionen des westlichen Terrors in seiner Ganzheit verstehen will. Nach dieser Lektüre fällt endgültig der Hammer. In vielleicht 50 Jahren werden sich die Menschen fragen, warum sie das nicht zur Kenntnis genommen haben.
…. mich würde interessieren, wie er 9/11 einschätzt. Hält er sich da auch bedeckt, wie Chomsky, wie Assange ?
mich auch,denn imho entlarven Chomsky’s Aussagen zu 9/11 ihn als einen Gate Keeper.
Und dein dummes Geschwätz über Chomsky entlarvt dich als Idiot. Troll dich!
Schade das man hier als dummer Idiot und Troll bezeichnet wird, wenn man seine Meinung sagt. Muss ich mit Dir immer einer Meinung sein?
Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden, nicht wahr?
Egal, was solls…
Wer Chomsky als „Gate-Keeper“ bezeichnet ist ein Idiot oder will trollen. Du kannst da gerne anderer Meinung sein.
ich persönlich halte sehr viel von Noam Chomsky. Er ist ein Mensch, der mein Vertrauen hat.
Musste den Begriff „Gate-keeper“ ins Netz eingeben um zu wissen was das ist.
Das sagt Lügen-Wiki:
Als Gatekeeper (deutsch: Torwächter oder Schleusenwärter) bezeichnet man in den Sozialwissenschaften metaphorisch einen (meist personellen) Einflussfaktor, der eine wichtige Position bei einem Entscheidungsfindungsprozess einnimmt.
Diese „wichtige Funktion“ darfst du aber auch beim Namen nennen, denn sie heißt Informationsfilterung.
Ausgerechnet Chomsky eine solche Funktion zu unterstellen ist grotesk.
verstehe deine Antwort nicht, Dok.
Chomsky ist ein Gate Keeper, korrekt. Aber ein geschickter: Wenn es um allgemeine Themen geht, gibt er sich Macht-kritisch und baut damit sein Image und seine Fanbasis auf. Aber immer wenn es um konkrete Dinge geht, schwenkt er um. Das konnte man bei aberdutzenden Themen beobachten.
James Corbett, der hier kürzlich verlinkt wurde, hat dies ausführlich recherchiert: https://www.corbettreport.com/meet-noam-chomsky-academic-gatekeeper-video/
Dann lies dir mal die Kommentare dadrunter durch, das erspart uns hier die gleiche Diskussion!
Frank, vielen Dank für den link.
Zu einem Teil basiert meine Meinung auf eben diesem Video-
schaue schon länger James Corbetts Beiträge an.
Meiner Meinung nach ist er ehrlich und glaubwürdig.
Die Diskussion bestätigt, dass Chomsky ein Gatekeeper ist. Es geht längst nicht nur um 9/11. Bei vielen Ami-Kriegen übernahm Chomsky die Story von der „guten Demokratie“ und dem „bösen Diktator“. Und jetzt im US-Wahlkampf sprach er sich sogar für Hillary aus (statt zb gegen beide Kandidaten). James Corbett trifft den Nagel auf den Kopf:
„Who is the more effective gatekeeper? One who is: a) wrong about almost everything, or b) right about almost everything?“
Typisches Beispiel Irak-Krieg, aus der Wikipedia-Seite von Chomsky. Beachtet wie er die offiziellen Ziele von Bush übernimmt, sogar unterstützt, und dann in der Umsetzung ein wenig kritisiert. Das ist gatekeeping auf ganz hohem Niveau, da könnten die Stümper von ARD und ZDF noch viel von lernen. Nachträglich hat Chomsky den Irakkrieg natürlich kritisiert und das Märchen vom Öl verbreitet und damit gleich die nächste Gatekeeping-Runde eingeläutet.
„Putting aside the crucial question of who will be in charge [of post-war Iraq], those concerned with the tragedy of Iraq had three basic goals: (1) overthrowing the tyranny, (2) ending the sanctions that were targeting the people, not the rulers, and (3) preserving some semblance of world order. There can be no disagreement among decent people on the first two goals: achieving them is an occasion for rejoicing. […] The second goal could surely have been achieved, and possibly the first as well, without undermining the third. The Bush administration openly declared its intention to dismantle what remained of the system of world order and to control the world by force, with Iraq serving as the „petri dish“, as the New York Times called it, for establishing the new „norms.“
Das „Gatekeeper“-Geschwätz ist dummes Zeug, weil es Chomsky eine solche Funktion zuweist. Es ist eine diffamierende Schublade in die er gesteckt wird, weil er nicht den Kram nachplappert, den diese Leute gerne von ihm hören wollen.
Selbst wenn er es nicht wollte, Chomsky HAT nun mal diese Funktion. Viele VIP-Intellektuelle kapieren nicht, dass sie nur deshalb prominent sind, weil sie gewissen Interessen dienen. Du hast gerade selbst gesehen, wie Chomsky die Ziele von Bush im Irak übernimmt UND unterstützt hat. War bei den meisten anderen Kriegen auch so. Sowas ist kein Kritiker, sondern ein Gatekeeper. Was wir hören wollen spielt dafür keine Rolle.
So wie du nun mal die Funktion TROLL hast.
Ein Problem, dass ich bei dir und Frank M. sehe ist – dass ihr von eindimensionalen Menschen ausgeht, die dann noch auf der von Euch gezogenen Linie liegen müssen.
menschen sind aber leider komplex und widersprüchlich.
nachdem ich mich jetzt über diesen Ausdruck informiert habe, stimme ich „Doc“ zu.
Nun, das Schuldenkarussel muß ja in Bewegung bleiben …
Außerdem nehmen es schlicht zu viele Menschen bloß zu Kenntnis, lassen sich aber weiter mit der Propaganda “von einer Demokratie“ vollmüllen, obwohl der Kapitalismus unser Leben weitestgehend bestimmt, dem fleißiger gedient wird, als den Religionen, die sich Menschen so im Laufe ihrer Geschichte erdacht haben, um uns artuntypisch Halten zu können.
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danke an FritztheCat für die Übersetzung.
Das ist eine kongeniale (zeitintensive) Arbeit !
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sehr informativ. bestens formuliert.
kleine Anmerkung: ewig Zeit hat niemand.
im Meer der Zufälligkeiten ist überdies Steuern großemteils Illusion.
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vielen Dank für die Übersetzung.
Ein sehr schöner Artikel, der sehr ausführlich informiert.
Sehr zu empfehlen das Buch „Der Terrorismus der westlichen Welt“
Noam Chomsky & Andre Vltchek
… großartig beschrieben, wie Kolonialismus, Imperialismus, Globalismus funktioniert und seit Jahrhunderten betrieben wird.
(Allerdings: Machten es die Ägypter, die Assyrer, die Perser … zu ihrer Zeit anders ? Grausame Fatalität des homo sapiens !? – oder gibt es einen ‚Quantensprung‘ im menschlichen Sein, bevor atomar bedingt das Zeitenende kommt ! (Planet der Affen – Teil 1 am Ende: „Sie haben es getan, diese Verrückten haben es tatsächlich doch getan!“)
@ Sisterhood, stimme Ihnen zu, ein großartiger Artikel mal hinter den Spiegel geschaut. Er weiß von was Er schreibt ohne Scheuklappen. MfG