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Robert Parry

Robert Parry (* 24. Juni 1949) ist ein US-ameri­kanischer Investigativjournalist, der in den Verei­nigten Staaten vor allem durch seine Arbeiten zur Iran-Contra-Affäre, damals für Associated Press und Newsweek bekannt wurde. Während des Contra-Kriegs in Nicaragua deckte er den Skandal um das CIA-Handbuch Psychological Operations in Guerrilla Warfare auf und war an der Aufdeckung des vom CIA geduldeten Drogen­schmug­gels beteiligt. 1984 erhielt er den George Polk Award in der Sparte „Nationale Berichterstattung“. (wikipedia)

Warum Russland die NED-Front dicht gemacht hat
von Robert Parry (in einer gekürzten Übersetzung von FritztheCat)

Exklusiv: Das Flaggschiff der Neokons, die Washington Post, hat auf Präsident Putin eine Propagandabreitseite abgefeuert. Er hat es gewagt, die Tätigkeiten der NED (National Endowment for Democracy) in Russland zu beenden. Aber dass die NED eine von der Regierung gepäppelte Stiftung, ein verlängerter Arm der CIA ist und für Moskau Umsturzpläne hat – dazu erfährt man nichts.


Der Abstieg der Washington Post in die Niederungen der neokonservativen Propaganda – der Leser wird mit Absicht über wichtige Themen in die Irre geleitet – ist offenbar bodenlos. Das zeigt sich in zwei verlogenen Artikeln über den russischen Präsidenten Vladimir Putin und warum seine Regierung bei „ausländische Agenten“ hart durchgreift.

Liest man die beiden Artikel der WaPo vom Mittwoch (Leitartikel und ein Gastkommentar vom NED-Präsident Gershman), dann soll man zu dem Glauben kommen, dass Putin Wahnvorstellungen hat, paranoid und machtversessen ist. Und das wegen seiner Vorstellung, dass Nichtregierungsorganisationen mit ausländischem Geld eine Bedrohung für die russische Souveränität darstellen.

Besonders erzürnt sind WaPo und Gershman darüber, dass die Russen Gesetze erlassen haben, die vom Ausland finanzierte NGOs dazu verpflichten, sich als „ausländische Agenten“ zu registrieren – und dass ausgerechnet Gershmans NED eines der ersten Opfer dieser verschärften Regeln wurde.

Die Redaktion der WaPo schrieb: „Putins letzter Schachzug, verkündet am Dienstag, macht NED zu einer „unerwünschten“ Organisation, nachdem Herr Putin im Mai das entsprechende Gesetz unterzeichnet hatte. Das Gesetz verbietet ausländische Gruppen, die „eine Gefahr für die verfassungsmäßige Grundordnung der russischen Föderation, seine Verteidigungsfähigkeiten und seine nationale Sicherheit darstellen.“

„Die Anschuldigungen gegen NED sind ausgesprochen lachhaft. Die von der NED in Russland unterstützten Empfänger kommen aus allen Bereichen der Gesellschaft. Unter anderem fördern sie die Transparenz in öffentlichen Angelegenheiten, bekämpfen Korruption und setzen sich für die Menschenrechte ein. Diese Dinge gehören zu einer gesunden Demokratie, aber innerhalb der Kremlmauern sieht man das als Bedrohung…“

„Dieses neue Gesetz über „Unerwünschte“ kommt zu einem Gesetz aus dem Jahr 2012, das es den Behörden erlaubt, Organisationen zu „ausländischen Agenten“ zu erklären, wenn sie sich in Politik einmischen und Geld aus dem Ausland beziehen. Diese stalineske Bezeichnung verweist auf Spionage.“

Es gibt aber einige hervorstehende Fakten, welche die Redaktion der Washington Post sicher kennen, uns aber verschweigen. Erstens wurde die NED 1983 mit US-Regierungsgeldern gegründet um jene Aufgaben zu übernehmen, die zuvor die CIA mit ihrer finanziellen Unterstützung für die anvisierten Ländern übernahm; zur Durchsetzung amerikanischer Interessen und, falls nötig, zur Unterstützung von „Umstürzen“.

Die unsichtbare Hand hinter der NED-Gründung 1983 war der Direktor der CIA, William Casey. Dabei arbeitete er mit einem hohem CIA-Beamten für verdeckte Operationen, Walter Raymond Jr, zusammen. Casey – aus dem CIA-Stall – und Raymond – Mitarbeiter im Nationalen Sicherheitsrat für Präsident Ronald Reagan – konzentrierten sich darauf, eine Finanzierungsmethode zur Unterstützung von Gruppen innerhalb eines Landes zu finden. Gruppen, die zuvor die CIA im Geheimen organisierte und bezahlte um Propaganda zu verbreiten und politische Aktionen durchzuführen.Diese Rolle der CIA wollte man zum Teil ersetzen und man fand, dass eine Finanzierung durch den Kongress als Pipeline für die Gelder die beste Idee wäre.

Casey erkannte aber auch die Notwendigkeit, die Beziehungen zur CIA zu verheimlichen. „Es versteht sich von selbst, dass wir (die CIA) bei der Entwicklung solcher Organisationen unerkannt bleiben. Wir sollen auch nicht als Geldgeber und Ratgeber erscheinen.“ Das schrieb Casey in einem undatierten Brief an den damaligen Rechtsberater im Weißen Haus, Edwin Meese III – Casey drängte auf die Schaffung einer „Nationalen Stiftung“ (National Endowment).

Die Geburt der NED

Die National Endowment for Democracy nahm Form an, als 1983 der US-Kongress auch die Geldtöpfe bereitstellte. Geldtöpfe innerhalb der NED für die republikanische und die demokratische Partei und Gewerkschaften, um eine parteiübergreifende Unterstützung für das Gesetz zu erreichen. Trotzdem war es für den Kongress wichtig, jeden Bezug der NED zur CIA zu vermeiden. Dazu wurde nach Angaben eines Kongress-Mitarbeiters, der bei der Gesetzesvorlage mitarbeitet, ein Vorbehalt eingefügt, der ehemalige oder aktive CIA-Beamter ausschließt. CIA-Direktor Casey forderte die Streichung dieser Passage und die Reagan-Administration installierte Carl Gershman als Chef der National Endowment for Democracy. Wer sollte ahnen, welche Auswirkungen das auf die Stiftung und die amerikanische Außenpolitik haben würde. Gershman, der den klassischen neokonservativen Weg vom jugendlichen Sozialisten zum glühenden Antikommunisten ging, wurde der erste – und einzige – Präsident der NED.

Auch wenn NED rein technisch von der US-Außenpolitik unabhängig ist: Gershman hat in den frühen Jahren die Verteilung der Gelder mit Raymond beim Nationalen Sicherheitsrat abgestimmt.

Zur Zeit verteilt Gershmans NED US-Regierungsgelder von über $100 Millionen pro Jahr an die verschiedenen NGOs, Medien und Aktivisten rund um den Globus. NED steckt auch mitten in Aktivitäten zur politischen Destabilisierung von Regierungen, die von der Außenpolitik der USA abweichen. Zum Beispiel hat NED vor dem Februar-Umsturz in der Ukraine jede Menge Projekte finanziert.

Worauf die Washington Post auch nicht hinweist: Gershman war persönlich in die Ukrainekrise verwickelt und betrachtete sie als Zwischenschritt zu einem Regierungswechsel in Moskau. Am 26.09.2013 veröffentliche die WaPo seinen Kommentar mit dem Titel „der Hauptpreis“. Darin erläutert er, dass die Einbeziehung der Ukraine ins westliche Lager zur endgültigen Niederlage des russischen Präsidenten Putin beitragen könnte.

„Die Entscheidung der Ukraine, nach Europa zu kommen, wird das Ende der russischen Imperialismus-Ideologie beschleunigen“, schrieb Gershman. „Die Russen stehen ebenfalls vor dieser Entscheidung, und Putin wird sich nicht nur bei seinen Nachbarländern, sondern auch in Russland selbst auf der Verliererstraße finden.“ Mit anderen Worten: die NED ist eine von der US-Regierung finanzierte Organisation, deren Ziel die Vertreibung der gegenwärtigen russischen Regierung ist.

Ein dritter Punkt, den die WaPo ignoriert: das russische Gesetz, das vom Ausland finanzierte politische Organisationen verpflichtet, sich als „ausländische Agenten“ zu registrieren, lehnt sich an ein US-Gesetz, den Foreign Agent Registration Act. Mit anderen Worten: auch die US-Regierung fordert von Einzelpersonen und Organisationen, die für ausländische Interessen arbeiten und versuchen, die US-Politik zu beeinflussen, die Offenlegung ihrer Beziehungen beim US-Justizministerium – oder ab in den Knast.

Hätte die Redaktion der Washington Post wenigstens einen dieser Punkte angesprochen – man würde leichter verstehen, warum Russland handelt wie es handelt. Man kann ja dagegen sein, aber man würde beide Seiten der Geschichte kennen.

Alle drei Punkte zu verbergen ist die Masche der WaPo, Sie und die anderen Leser mit propagandistischen Sichtweisen einzulullen – das Vorgehen der Russen sei verrückt, und dass Putin, wie die WaPo in der Schlagzeile titelt, „machtversessen“ sei.

Der Gastkommentar von Gershman

Man würde meinen, dass Gershman in seinem Kommentar wenigstens einen dieser Punkte ansprechen würde, nämlich dass die NED von der US-Regierung finanziert wird. Hat er aber nicht. Er zeichnet die russische Vorgehensweise einfach als niederträchtig und verzweifelt.

„Russlands jüngstes Anti-NGO-Gesetz, unter dem die National Endowment for Democracy am Dienstag zu einer „unerwünschten Organisation“ erklärt wurde, die nicht mehr in Russland tätig sein darf, ist der letzte Beweis, dass das Regime von Präsident Vladimir Putin auf eine politische Legitimitätskrise zusteuert.“ Gershman weiter:

„Das ist der wahre Grund, warum Russland dieses Gesetz einführte: russische Demokraten von internationaler Hilfe auszuschließen, die Förderung der Meinungsfreiheit, die Rechtsstaatlichkeit und ein demokratisches System zu unterdrücken. Es ist vielsagend, dass sich die Demokraten nicht einschüchtern ließen. Sie ließen sich durch die kriminellen Strafen des „Auslandsagenten“-Gesetzes oder anderer einschränkender Gesetze nicht abschrecken. Sie wissen, dass diese Gesetze internationalem Recht widersprechen, das solche Hilfe erlaubt, und sie wissen, dass diese Gesetze dazu dienen, Russland eine bessere Zukunft zu verbauen.“

Der Hinweis, dass das „Auslandsagenten“-Gesetz mit internationalem Recht kollidiert, wäre ein guter Zeitpunkt gewesen um zu erklären, warum das eine für die Vereinigten Staaten gut ist und das andere für Russland schlecht. Aber Scheinheiligkeit lässt sich halt schwer vermitteln und es würde die propagandistische Schlagkraft des Gastkommentars mindern.

Das Gleiche gilt für eine Offenlegung der Finanzquellen der NED. Wie viele Regierungen würden es einer feindlichen, ausländischen Macht erlauben, politische und private Organisationen zu sponsern, deren Aufgabe die Destabilisierung und Vertreibung bestehender Regierungen und die Einsetzung einer gefügigen Regierung ist?

Es ist daher kein Wunder, dass Gershman in seinem Kommentar keinen Platz für einen Gegenstandpunkt fand – und die Herausgeber der Washington Post haben auch nicht darauf bestanden.