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Es klingt wie ein schlechter Witz, ist aber tatsächlich das erbärmliche Niveau, auf dem der SPIEGEL mittlerweile angekommen ist: Redakteurin Christina Hebel hat im polnischen Ostseekaff Gdingen (250.000 Einw.) scheinbar eine Pommesbude gefunden, deren ukrainische Betreiber keine Putin-Anhänger bedienen wollen.

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Das ist aus Sicht des Spiegel also die große Weltgeschichte. Stoff, nach dem sich jeder „Journalist“ mit unterirdischem Anspruch und jede Redaktion mit transatlantischer Agenda die Finger leckt. Spiegel investigativ! So viel Bedeutung, so viel Puls der Zeit findet das Hamburger Käseblatt selten. Ein TV-Team ist hoffentlich schon unterwegs.

Allerdings: Nicht einmal von „selbst gefunden“ kann die Rede sein. Die Geschichte war schon Ende letzten Jahres in polnischen Gazetten Thema, wie eine kurze Websuche ergab. Hebel selbst beruft sich auf einen Artikel der Gazeta Wyborcza vom 1.Januar. Die drittklassige Aushilfsjournalistin des Spiegel hat also vermutlich mit ihrem trägen Arsch im Büro oder Zuhause rumgelungert, als ihr die weltbewegende Story ins Auge sprang oder möglicherweise sogar angetragen wurde. Das Copyright des Fotos verweist auf die kalifornischen Bildagentur ZUMA Press. Die sogenannte „Journalistin“ Hebel war also nicht einmal vor Ort, sondern hat aus polnischen Artikeln ihr ganz persönliches Exzerpt zusammengefrickelt.

Wozu in Odessa recherchieren, wer dort Menschen erschlagen und verbrannt hat oder in Holland, warum die Ermittlungen an Wrackteilen und Leichen keine Ergebnisse zum Abschuss von MH17 zutage bringen, wenn man doch im Büro rumlungern und per Copy und Paste vorgefertigte Artikel über putinfeindliche Ukrainer in Polen frickeln kann?

Natürlich könnte man in jedem Land der Welt beliebige Kneipen, Restaurants oder andere Geschäftstreibende finden, die – wen auch immer – in ihren Geschäftsräumen nicht willkommen heißen. Weltweit betrachtet dürften Obama-Anhänger oder Netanjahu-Fans die größten Probleme haben, freundlich bedient zu werden, wenn sie ihre politische Präferenz vor sich hertragen würden. Einer statistischen Erhebung in dieser Frage könnte man sogar eine gewisse politische Relevanz zusprechen. Es ist nicht lange her, dass sich US-Amerikaner in Europa als Kanadier ausgegeben haben – aus Scham und Angst, für Bushs Verbrechen in Haftung genommen zu werden. Eine einzelne Pommesbude in Polen hingegen hat nicht die geringste politische oder informelle Bedeutung. Alles worum es der Schmierenjournalistin Hebel – und der erbärmlichen Spiegel-Redaktion – hier geht, ist doch offensichtlich weitere Ressentiments und Stimmung gegen Putin zu schüren.

Andererseits ist vollkommen klar, wie der Tenor eines Artikels des gleichen Hamburger „Nachrichtenmagazins“ wäre, wenn es in Russland Kneipen oder Restaurants gäbe, die keine Poroschenko- oder Obama-Anhänger mehr bedienen würden. So etwas würde auf die böse antiamerikanische „Propaganda“ in den russischen Medien zurückgeführt. „Aufgehetzte Russen!“ würde es dann heißen.

„Zuletzt hatte der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna angekündigt, dass sein Land in diesem Monat mehr als 200 Ukrainer mit polnischen Wurzeln aus der Ostukraine evakuieren will.„, läßt die Autorin die deutschen Leser zum Schluß des so überflüssigen wie primitiven Artikels wissen und es ist klar, dass sie nicht einmal das selbst recherchiert, sondern es ebenfalls aus polnischen Gazetten, TV-Sendungen oder Agentur-Meldungen übernommen hat.

Ist es eigentlich zu viel verlangt, wenn man von deutschen Journalisten – die diese Berufsbezeichnung zu Recht tragen wollen – erwartet, dass sie mal selbst Informationen erarbeiten? Informationen mit Substanz? Selbst recherchiert? Wie wäre es mit einem Artikel über polnische Kämpfer in der Ostukraine? Ist der Niedergang des Journalismus eine Folge dieses Informationsmülls, wie ihn Hebel den Lesern vorsetzt, oder sind Redaktionen mittlerweile so klamm, dass sie nur noch in der Lage sind, vorgefertigten Propagandajunk über die politischen Präferenzen ukrainischer Pommesbudenbetreiber in Polen zu fabrizieren?

So oder so: Wenn Schmierblätter wie der Spiegel endlich pleite und „Journalisten“ wie Hebel ihr Geld auf anständige Weise – zB. hinter der Theke einer Pommesbude – verdienen, dann wird es Raum für echten Journalismus geben. Bedarf dafür ist reichlich vorhanden.