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In Sachen Falschmeldungen ist die US-Regierung der größte Übeltäter

von John W. Whitehead                                Übersetzung: FritztheCat

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Wir Amerikaner sind die ultimativ Unschul­di­gen. Wir wollen unbedingt daran glauben, dass uns die Regierung dieses Mal die Wahrheit sagt.

der ehemalige New York Times Reporter Sydney Schanberg

Lasst uns mal über Fake News-Geschichten reden, sollen wir?

Es gibt die Wald und Wiesen Fake News, die eigentlich keine „Nachrichten“ sind, sondern viel mehr emotionales, einer Boulevardpresse würdiges Material, das von jedem mit einem Twitter-Konto, einer Facebook-Seite und einer lebhaften Phantasie verbreitet werden kann. Diese Geschichten decken die gesamte Bandbreite von lächerlichen und offensichtlichen Klickködern bis zu Satirischem und politisch Manipulativem.

Jeder mit einem Funken Verstand und Internetzugang sollte mit einer kleinen Suche herausfinden können, was an diesen Geschichten wahr und was gelogen ist. Dass solche Geschichten um sich greifen, ist zum Großteil die Schuld der allgemeinen Ahnungslosigkeit, Faulheit und Medieninkompetenz der breiten Öffentlichkeit, die mit ihrer antrainierten Folgsamkeit selten etwas hinterfragt, bestreitet oder widerspricht.

Dann gibt es da die hinterhältigeren News-Storys, die von einem der größten Verbreiter von Fake News in Umlauf gebracht werden: Der US-Regierung.

Inmitten des plötzlichen Schlagzeilen-Schlaganfalls der Medien wegen Fake News hört man wenig über die Rolle der Regierung beim Produzieren, Einpflanzen und Verbreiten propagandalastiger Fake News – oft mit Hilfe der Konzernmedien – denn so funktioniert das Spiel nicht.

Warum?

Weil die de-facto-Herrschenden nicht wollen, dass wir die Regierungsbotschaften oder ihre Mittäter in den Konzernmedien anzweifeln. Sie wollen nicht, dass wir bei Informationen aus dem Internet urteilsfähig werden. Sie wollen nur, dass wir gegenüber unabhängigen und alternativen Nachrichtenquellen misstrauisch sind und dass wir, wenn es um Nachrichten geht, nur ihnen vertrauen – und ihren Konzernkollegen.

Die New York Times hat doch tatsächlich vorgeschlagen, dass Facebook und Google sich selbst zu den Schiedsrichtern über die Wahrheit im Internet ernennen, damit sie das herausfiltern, was offensichtlich falsch ist, Spam oder Klickköder sind.

Das würde nicht nur einen gefährlichen Präzedenzfall für eine totale Zensur durch Konzerne schaffen, von denen man weiß, dass sie mit der Regierung mauscheln. Es ist auch ein geschickter Taschenspielertrick, um die Aufmerksamkeit von dem abzulenken, worüber wir tatsächlich reden sollten: Die Tatsache, dass die Regierung gefährlich außer Kontrolle geraten ist, während die sogenannten Massenmedien, die eigentlich als Bollwerk gegen Regierungspropaganda arbeiten sollten, zu einem Lautsprecher des weltgrößten Konzerns geworden sind – der US-Regierung.

Der altgediente Journalist Carl Bernstein, der zusammen mit Bob Woodward den Watergate-Skandal aufdeckte, berichtete 1977 in einem Aufsatz „The CIA and the Media“ für den Rolling Stone:

„Mehr als 400 amerikanische Journalisten … haben in den letzten 25 Jahren heimlich Aufträge der Central Intelligence Agency ausgeführt … Es gab Zusammenarbeit, Gefälligkeiten und Gemeinsamkeiten. Journalisten erledigten eine ganze Reihe versteckter Dienste … Reporter teilten ihre Notizblöcke mit der CIA. Redakteure teilten ihre Mitarbeiter. Einige der Journalisten waren Pulitzer Preisträger, geachtete Reporter … In vielen Fällen, CIA-Dokumente zeigen das, wurden Journalisten angeheuert um Aufträge der CIA auszuführen, mit der Zustimmung des Managements der führenden amerikanischen Nachrichtenorganisationen.“

Bernstein spricht von der Operation Mockingbird, einem Feldzug der CIA in den 1950ern. Dabei wurden Berichte der Geheimdienste bei Reportern von mehr als 25 großen Zeitungen und Agenturen eingeschleust, die sie wiederum einer Öffentlichkeit servierten, die keine Ahnung davon hatte, dass man ihr Regierungspropaganda vorsetzte.

In einigen Fällen, so zeigt Bernstein, haben Mitglieder der Medien auch als verlängerter Arm des Überwachungsstaats gedient. Reporter haben tatsächlich Aufträge für die CIA erledigt.

Vorstände von CBS, der New York Times und dem Time Magazin haben ebenso eng mit der CIA zusammengearbeitet um die Nachrichten zu prüfen. Bernstein schreibt: „Andere Organisationen, die mit der CIA zusammenarbeiteten, sind American Broadcasting Company, die National Broadcasting Company, die Associated Press, United Press International, Reuters, Hearst Newspapers, Scripps-Howard, Newesweek magazine, the Mutual Broadcasting Company, der Miami Herald und die alte Saturday Evening Post und New York Herald-Tribune.

So haben beispielsweise im August 1964 die führenden nationalen Zeitungen – darunter die Washington Post und die New York Times – Lyndon B. Johnsons Behauptung wiederholt, Nordvietnam hätte eine weiteren Angriff gegen einen amerikanischen Zerstörer im Golf von Tonkin begonnen. Solche Angriffe sind nie passiert, aber der Schaden war eingetreten. Wie Jeff Cohen und Norman Solomon in „Fairness and Accuracy in Reporting“ schrieben:

Durch die Wiedergabe offizieller Behauptungen als absolute Wahrheit hat der amerikanische Journalismus die Schleusen für den blutigen Vietnamkrieg geöffnet.

Schnellvorlauf zu den Jahren nach 9/11, als die Massenmedien trotz des Fehlens irgendwelcher glaubwürdiger Daten, die die Existenz von Massenvernichtungswaffen unterstützt hätten, auf den Zug mit den Kriegstrommeln gegen den Irak aufgesprungen sind. Wie es der Los Angeles Times-Kolumnist Robin Abcarian formulierte: „Unsere Regierung … hat ihre erstklassige Plattform benutzt um die Wachhunde niederzuwalzen … Viele wurden durch einen Zugang zu Insidern der Administration übertölpelt, oder fielen auf das Getrommel der koordinierten Rhetorik der Regierung herein.“

John Walcott, der Washingtoner Bürochef von Knight-Ridder, eine der wenigen Nachrichtenagenturen, die die Begründungen der Regierung für eine Irakinvasion anzweifelte, vermutet als Grund für das leichtfertige Einwilligen der Medien, dass „zu viele Journalisten, darunter einige sehr berühmte, ihre Unabhängigkeit aufgegeben haben um Teil der herrschenden Klasse zu werden. Journalismus, so das Motto, berichtet über die Macht, er übt sie nicht aus.

Wenn das damals passierte, dann kann man darauf wetten, dass es auch heute noch passiert. Nur wird es heute anders eingeordnet, bekommt einen neuen Namen und wird hinter Schichten aus Geheimniskrämerei, Verdunkelung und Verdrehungen der Regierung versteckt.

In ihrem Artikel „Wie die Regierung versucht unser Denken zu kontrollieren“ weist die Washington Post darauf hin: „Seit jeher ist es für Regierungsagenturen üblich, die unscharfe Grenze zwischen Propaganda und der Information der Öffentlichkeit zu überschreiten.“

Ob wir über den Kalten Krieg reden, über den Vietnamkrieg, den Golfkrieg, die Invasion des Irak aufgrund absoluter Lügen, oder gegen den sogenannten Krieg gegen Terror, Privatsphäre und Whistleblower, all das wird durch Propaganda angetrieben, die von der einen Konzernmaschine (der Konzern-kontrollierten Regierung) ausgespuckt wird und dem amerikanischen Volk durch eine weitere Konzernmaschine (den Konzern-kontrollierten Medien) in den Rachen gestopft wird.

„Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte gibt es eine abgestimmte Strategie, um die globale Wahrnehmung zu manipulieren. Und die Massenmedien arbeiten als willige Helfer daran mit, sie versagen und leisten weder Widerstand noch decken sie das auf.“ So schreibt der Investigativjournalist Nick Davies. „Die unfassbare Leichtigkeit, mit der diese Maschinerie ihre Arbeit erledigen kann, enthüllt eine schauerliche strukturelle Schwäche, die heute die Produktion unserer Nachrichten befallen hat.“

Aber Moment!

Wenn die Massenmedien – auch bekannt als Mainstreammedien, Konzernmedien oder Establishmentmedien – nur das wiederholen, was man ihnen vorsetzt, wer sind dann die Drahtzieher in der Regierung, die für diese Propaganda zuständig sind?

Davies erklärt es:

Das Pentagon hat jetzt ‚Informations-Operationen‘ zu seiner fünften ‚Kernkompetenz‘ erklärt, neben den Streitkräften zu Land, in der Luft, zu Wasser und den Spezialkräften. Seit Oktober 2006 hat jede Brigade, Division und jedes Corps im US-Militär seine eigene ‚PsyOp‘-Abteilung, die für die örtlichen Medien Meldungen produziert. Diese militärische Aktivität ist mit der Kampagne ‚öffentliche Diplomatie‘ des Außenministeriums verbunden, dazu gehört die Förderung von Radiosendern und Nachrichtenwebseiten.

Die als Journalismus verkleidete Propaganda ist das, was der Journalist John Pilger meint, wenn er sagt: „Die unsichtbare Regierung … die echte herrschende Macht im Land.“

Wie ich in meinem Buch „Battlefield America: The War on the American People“ deutlich mache: wir haben keine Vierte Gewalt mehr.

Nicht wenn die „Nachrichten“, die wir erhalten, ständig von Regierungsagenturen erfunden, manipuliert und in Auftrag gegeben werden. Nicht wenn sechs Konzerne 90% der Medien in Amerika kontrollieren. Und nicht wenn, wie Davies bedauert, „Nachrichtenorganisationen, die sonst die Wahrheit aufdecken würden, selbst Teil des Missbrauchs sind und schweigen, in komischen Parodien aus Falschberichten schwelgen und die entstehenden Skandale vor ihren Lesern verbergen wie ein viktorianisches Kindermädchen, das den Kindern nach einem Straßenunfall die Augen zuhält.“

Also Schluss mit dem Händeringen, dem herzzerreißenden und moralisch beleidigtem Gerede der Medien über Falschnachrichten, sie sind zu Propagandisten für die durch die amerikanische Regierung geschaffene falsche Realität geworden.

Es ist, wie Glenn Greenwald es darlegt: „Der Begriff Propaganda klingt melodramatisch und übertrieben, aber eine Presse die – ob aus Furcht, Karrieresucht oder Überzeugung – unkritisch falsche Regierungsbehauptungen zitiert und diese als Fakten präsentiert, oder die gewählte Offizielle mit einer Ehrfurcht wie für Adlige behandelt, eine solche Presse hat keine andere Funktion (als Propaganda).“

Also wo stehen wir jetzt?

Was sollen wir – oder können wir – tun?

Ich schließe mit John Pilgers warnenden Worten und Ratschlag:

Echte Information, subversive Information, bleibt die größte Macht von allen – und wir dürfen nicht den Fehler machen und glauben, dass die Medien für die Öffentlichkeit sprechen. Das war in der stalinistischen Tschechoslowakei nicht so und es stimmt auch für die Vereinigten Staaten nicht. In all meinen Jahren als Journalist habe ich noch nie erlebt, dass das öffentliche Bewusstsein so stark gestiegen ist wie heute … und diese wachsende kritische, öffentliche Aufmerksamkeit ist umso erstaunlicher, wenn man das irre Ausmaß an Indoktrination bedenkt, den Mythos von einem überlegenen Lebensstil und dem gegenwärtig produzierten Zustand der Angst.

Die Öffentlichkeit braucht Wahrheit und Journalisten sollten die Agenten der Wahrheit sein, nicht die Höflinge der Macht. Ich denke, dass eine Fünfte Gewalt möglich ist, das Ergebnis einer Volksbewegung, die die Konzernmedien beobachtet, zerlegt und dagegen angeht. In jeder Universität, jeder Medienschule, in jedem Nachrichtenstudio müssen sich die Dozenten für Journalismus und die Journalisten selbst fragen, welche Rolle sie im Namen einer falschen Objektivität bei diesem Blutvergießen spielen. Eine solche Bewegung innerhalb der Medien könnte der Vorbote für eine Perestroika sein, wie wir sie noch nicht erlebt haben. All das ist möglich. Das Schweigen kann durchbrochen werden… In den Vereinigten Staaten bevölkern wunderbar freie, rebellische Geister das Netz… Die besten Berichte… erscheinen im Netz… und Bürgerjournalisten.

Für den Rest von uns bleibt die Herausforderung, dieses verdrängte Wissen aus dem Untergrund zu heben und es an die einfachen Menschen zu bringen. Wir müssen uns beeilen. Die liberale Demokratie bewegt sich auf eine Art Konzerndiktatur zu. Das ist ein historischer Wandel und die Medien dürfen nicht zu deren Fassade werden, sondern müssen zu einem gefragten und brennenden Thema werden und direkter Aktion unterliegen. Der große Whistleblower Thomas Paine warnte, dass wenn der Mehrheit der Menschen die Wahrheit und die Ideen der Wahrheit verweigert werden, dann wird es Zeit, das zu stürmen, was er die Bastille der Worte nannte.
Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen.