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So soll ihr Web aussehen: Wie eine Wortsuche in Twitter Internet-Zensur rechtfertigt

by Kit                                                                               Übersetzung FritztheCat

Anfang dieses Jahres hat der Guardian eine neue Initiative gestartet – „So soll unser Web aussehen“. Hinter dieser Kampagne steckt die Absicht, die freie Rede zu unterdrücken und das Ancien Regime der Mainstreammedien vor der Revolution der Alternativmedien zu schützen. Im Namen des Schutzes der ethnischen Minderheiten, der weiblichen Autoren und der LGBT-Gemeinde – vor dem ganzen Hass, der sich aus den privilegierten Fingerspitzen weißer Männer in das Internet ergießt.

Wir haben bereits ausführlich darüber geschrieben, was der Guardian tatsächlich mit „So soll unser Web aussehen“ meint. Wir wissen, dass deren Statistiken ein Witz sind und wir erkennen die redaktionelle Doppelzüngigkeit. Dass beides eine feste Rolle in diesem Spiel darstellt, ist offensichtlich. Genauso wie die politischen Senkrechtsstarter aus allen Parteien, die Reden halten, in denen sie die freie Rede attackieren, im Namen der Freiheit. Die Freiheit muss geschützt werden…denkt doch nur mal an die Kinder!

Wenn der Guardian davon redet, gegen den Missbrauch des Internets „Maßnahmen zu ergreifen“, dann wissen wir wovon er redet. Er meint Zensur. Mehr muss man nicht wissen. Aber diese jüngste Story schreit nach einer Antwort.

Man kann anscheinend das „riesige Ausmaß“ der Frauenfeindlichkeit in den sozialen Medien daran messen, indem man nachschaut, wie viele Tweets das Wort „Fotze“ oder „Hure“ benutzen. Ja, ernsthaft:

Diese Studie betrachtet den Gebrauch der Wörter „Fotze“ und „Hure“ durch britische Twitteruser in einem dreiwöchigen Zeitraum ab Ende April. Demnach waren in diesem Zeitraum 6.500 Personen von 10.000 aggressiven und frauenfeindlichen Tweets betroffen.

Diese Studie, passenderweise einen Tag vor der Veröffentlichung von Yvette Coopers „Reclaim the Internet“-Bewegung (Rückeroberung des Internets) veröffentlicht, ist in den Details ziemlich schwammig. Wir wissen nicht, wie sie ihre Daten gesammelt haben, oder welche Kriterien sie dafür/dagegen benutzten. Angesichts dessen müssen wir unseren gesunden Hausverstand bemühen: Grobe Schätzungen gehen von 12 bis 20 Millionen britischen Twitterusern aus. 6.500 davon sind etwa ein Zweitausendstel. Die Wahrscheinlichkeit, von einem Tweet mit den Worten „Fotze“ oder „Hure“ „angegriffen“ zu werden, liegt bei einem 1/2000. Das ist ein Risiko, das ich bereit bin, auf mich zu nehmen.

Die Studie beschreibt nicht, wie die „aggressiven“ Tweets ausgewählt wurden, also kann man davon ausgehen, dass einfach alle Tweets mit den Worten „Fotze“ und/oder „Hure“ zusammengetragen wurden. Wir wissen nicht, wie viele davon wirklich beleidigend waren – viele davon sind vielleicht als Witz gemeint – aber eigentlich spielt das keine Rolle.

Eine weitere interessante Anmerkung:

…mehr als die Hälfte der Angreifer waren Frauen.

Ja, es sieht so aus als wären die Frauen die größten Frauenfeinde. Diese interessante Tatsache, tief im Artikel versteckt, wird durch weitere Zusammenhänge noch interessanter. Erstens sind weit weniger als die Hälfte aller britischen Twitteruser Frauen. Weniger als die Hälfte der User, mehr als die Hälfte der Frauenfeindlichkeit. Zweitens sind mehr als ein Drittel aller britischen Twitteruser zwischen 15 und 24 Jahre alt. In diesem Zusammenhang kann man ein wesentlich genaueres Bild zeichnen, dass nämlich der Großteil dieser „Online-Frauenfeindlichkeit“ von jungen Frauen, zwischen 15 und 24 kommt, die sich gegenseitig beschimpfen (womöglich im Spaß).

Dass so etwas als eine Studie durchgeht ist lächerlich. Dass sie der Guardian als „schockierend“ ausgibt, ist ehrlich gesagt nur noch zum Lachen. Die Zahlen haben keine Aussagekraft.

Aber es handelt sich hier ja um den Guardian. Also wird eine schlecht gemachte, schlampig erklärte statistische Studie auch noch von einem Kommentar begleitet, jemandem aus dem geschmacklosen, vorprogrammierten Redaktionsteam des Guardian, der zufällig die Tagschicht hatte. Hier traf es Polly Toynbee. „Warum wir ein feministisches Internet brauchen“, lautete ihre Überschrift. „Feministisch“ bedeutet in diesem Fall „kontrolliert“.

Sie zeichnet das Bild eines dumpfen und düsteren Internets. Eine verkommene Welt wie in einem David Fincher Film, voller ungewaschener, schneckenartiger Lebensformen, die übereinander herfallen und ihren Schleim und die Scheiße in alle Ecken der zivilisierten Welt tragen. Das sagt sie andauernd. Sie wiederholt ihre abgestandenen Meme. Darüber, dass die freie Rede die „Opfer“ in die Schweigsamkeit treibe, über die „seelischen Erschütterungen“ und die „sichere Zonen“ und über die „nötigen Maßnahmen“. Sie erklärt uns, dass es in Wahrheit die Schuld des Patriarchats sei, wenn sich Frauen auf Twitter gegenseitig beleidigen.

Wie bei allen Leitartikeln des Guardian, kann man das Meiste gleich vergessen. Sie dienen dazu, einen Gedanken einzupflanzen und ein einziger Absatz offenbart die ganze Agenda:

Das Internet hat jede Unterhaltung rauer gemacht, jede politische und jede andere Ansicht ins Extreme getrieben. Es führt dazu, dass sich Personen als unzulänglich und verwundbar fühlen. Und dass sie in ihrer Unsicherheit wild um sich schlagen um dies auszudrücken. Das Projekt des Guardian ‚So soll unser Web aussehen“ erkundet, wie wir selbst ein zivilisiertes Internet schaffen können, das uns nützt. Nicht eines, das die Zivilisation zerreißt.

Hier werden wichtige Fragen gestellt: Was meint Toynbee mit „wir selbst“? Wem wird dieses neu „geschaffene“ Internet „nützen“? Was bedeutet „uns nützt“? Glaubt sie wirklich, dass die sich beleidigenden Teenager auf Twitter „die Zivilisation zerreißen“ könnten? Was meint sie eigentlich mit „Zivilisation“?

Für wen – oder was – stellt ein freies Internet WIRKLICH eine Gefahr dar?

Wenn Sie das Wort „rauer“ umgangssprachlich mit „ehrlicher“ ersetzen und „ins Extreme“ mit „unkontrollierter“ übersetzen, dann liegen Sie richtig. Man könnte auch sagen: Die „Personen“, die sich dadurch „unzulänglich“ fühlen, sind jene Alltagsschreiberlinge, deren falsche Agitprop durch Tiefschläge lächerlich und richtig gestellt wird.

Mit diesem Absatz stellt sich folgendes Gefühl ein: Hier will sich ein Organismus selbst schützen, so wie sich eine Kellerassel zusammenrollt. Der Guardian-Kommentar ist ein Ruf nach Konformität. Sie wollen die Erlaubnis zur Durchsetzung einer Politik, die die Definitionen von „rauer Unterhaltung“ (siehe Ehrlichkeit) und „Zivilisation“ (siehe Establishment) offen lässt. Die wiederholten Muster und die schale Prosa von „So soll unser Web aussehen“ nehmen zunehmend verzweifelte Züge an. Immer wieder karren sie die selben Gesichter heran, um uns ihre Lügengeschichten zu verkaufen. Es sieht aus wie bei einer Kellerassel. Die letzte Verteidigungslinie des Guardian scheint zu sein, den Kopf in den eigenen Arsch zu stecken.