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nds_logo_neuBesonders lesenswertes Interview der NACHDENKSEITEN mit Walter van Rossum.

Zu den jüngsten Entwicklungen zwischen Medien und kritischen Konsumenten meint van Rossum treffend:

Nun, neu ist, dass ein nicht genau bezifferbarer, aber meiner Einschätzung nach erheblicher Teil des Publikums inzwischen gegen „seine“ Medien rebelliert. Diese Tatsache ist dabei ebenso überraschend wie der Anlass selbst: nämlich die Berichterstattung über die Ukraine. Es ist ja nicht so, dass diese Kritiker alle Ukraine-Experten wären, und gewiss sind sie auch keine Putin-Fans. Aber jeder halbwegs aufmerksame Zuschauer oder Leser scheint unweigerlich zu verstehen, dass diese Berichterstattung bis ins Detail alle Merkmale der Propaganda erfüllt. Tatsächlich haben wir es ja mit einer Orgie von Enten, Fehleinschätzungen und grotesken Einseitigkeiten zu tun, die selbst mich noch verblüfft hat. Aber ich habe auch das Gefühl, das Publikum oder wenigstens ein Teil desselben sucht jetzt den Bruch, versteht, dass diese Medien Teil des Problems und keineswegs Lösung sind. Die einzigen, die in ihrer unvorstellbareren Grandezza von diesem Bruch komplett überrascht worden sind, das sind die Medienarbeitenden selbst. Was wiederum viel über deren Art, die Welt zu sehen, sagt. Und das ist sozusagen neu: Dass auf der einen Seite das Ausmaß der Propaganda so immens zugenommen hat – und dass das inzwischen dem Volk auch nicht mehr entgeht und es sich hiergegen zu wehren begonnen hat…

Auch dem Fazit kann sich die Propagandaschau zu 100% anschließen:

Aber ich glaube alles in allem nicht, dass das System der alten Öffentlichkeit rehabilitierbar ist, ich halte es nicht einmal für wünschenswert.

Irgendwie durchlebt die Gesellschaft gerade einen medienkritischen Crashkurs – was nach Jahren der medienkritischen Öde auch dringend nötig war. Dabei haben wir schon eines gelernt, was ich für großartig halte, nämlich das mediale Improvisieren. Wir basteln uns gerade – jeder auf seine Art – die Informationen zusammen, die wir brauchen. Und darin steckt in meinen Augen schon so etwas wie eine Skizze der medialen Zukunft. Ich finde die Chancen aufregender als die Klage über die Verluste. (Zum Interview)

Wir sehen eine Emanzipation eines großen Teils der Bevölkerung von Bevormundung und politischer Lenkung durch eine staatsnahe und elitäre Medienkaste, deren Ende man geradezu herbeisehnen muss. Aus ihrer Asche wird etwas Neues entstehen: ein wahrhaft unabhängiger Journalismus, der nur der Wahrheit und den Lesern verpflichtet ist.

Dass die Leser Wahrheit wollen – und keine Journalisten, die ihnen Lummerland vorgaukeln – ist auch eine wichtige Erkenntnis dieses Aufstands. Journalisten werden sich in Zukunft von den Inhabern der Rotationspressen und einseitigen Wahrheiten lösen und durch die Leser direkt finanziert werden. Alles, was es dazu noch braucht, sind entsprechende Portale, auf denen sie sich organisieren.

Erste Ansätze für diese neue Informationsgesellschaft sind längst sichtbar. Die Platzhirsche versuchen auf den Zug aufzuspringen, um das Steuer zu übernehmen, aber das wird ihnen schon deshalb nicht gelingen, weil sie sie nicht von ihrer Agenda lassen können. Die Zukunft von Spiegel, Springer und Co liegt auf den Siechenstationen der unmündigen Generation, während die heutige Jugend den Prozess der Selbstinformation eines Tages aktiv in die eigene Hand nimmt.

Aus demokratischer Sicht, sind das vielversprechende Aussichten.

Dank an Max für den Hinweis an den Propaganda-Melder!