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Vergessene Welten

Quantitative geografische Mediendiskursanalyse über die Berichterstattung der Tagesschau und ausgewählter führender Medien

Den Kern der vorliegenden Studie bildet eine quantitative Untersuchung der Berichterstattung der Tagesschau in den Jahren 2007 bis 2016. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zusammensetzung der Beiträge keine adäquate Widerspiegelung der Welt darstellt, da sie sich überproportional stark auf den sog. Westen und die Länder des „Orients“ konzentrieren.

Dies geschieht zu Lasten anderer Staaten der sog. Dritten Welt, die in der Berichterstattung i.d.R. quantitativ stark marginalisiert werden (gemessen an ihrer Bevölkerungszahl müsste beispielsweise über die Subsahara-Afrika-Staaten ca. 230% mehr berichtet werden, über Madagaskar sogar über 3200%).

„Dritte-Welt“-Staaten werden in den Nachrichten i.d.R. lediglich berücksichtigt, wenn sie von massiven militärischen oder politischen Veränderungen (z.B. großen Terroranschlägen, Kriegen, gewaltsamen Regierungswechseln) oder außergewöhnlichen und plötzlich auftretenden Naturkatastrophen (z.B. Erdbeben) betroffen sind.

Anhand dreier Beispiele (der aktuellen Hungersnot in Afrika, der Cholera-Epidemie im Jemen und den Überschwemmungen im Juli bis Oktober 2017) wird aufgezeigt, dass selbst extremen Katastrophen, die sich in der sog. Dritten Welt ereignen, bei Weitem keine proportionale mediale Aufmerksamkeit gewidmet wird und sie im Vergleich zu Katastrophen, die im „Westen“ stattfinden, an die Peripherie gedrängt oder im extremsten Fall sogar ignoriert werden. So absorbierten die Hurrikans „Harvey“, „Irma“ und „Maria“ die außenpolitische Nachrichten-Aufmerksamkeit und lenkten diese auf die USA, während die zeitgleichen Fluten in Südasien vergleichsweise unbeachtet blieben. Die Überschwemmungen, die in dieser Zeit in Nigeria über 100.000 Menschen zur Flucht veranlassten, wurden sogar in nahezu allen Medien ignoriert.

Die unausgewogene Berichterstattung kann teilweise höchst dramatische Formen annehmen. Auf die bis heute aktuelle Hungersnot in Ostafrika und der Tschadsee-region, von der mehr als 25 Mio. Menschen betroffen sind, entfielen in der 20:00 Uhr-Tagesschau von den von Januar bis Oktober 2017 insgesamt über 2.600 ausgestrahlten Berichten nur 11 Beiträge. Mit der weltweit größten jemals gemessenen Cholera-Epidemie, die sich derzeit im Jemen ausbreitet und von den Vereinten Nationen als „größte humanitäre Katastrophe der Welt“ bezeichnet wurde, beschäftigte sich die Tagesschau sogar in lediglich 9 von insgesamt 4.560 Sendeminuten.

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