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Stell dir vor es ist Krieg und keiner sieht hin!

tagesthemen_8.6._poroschenko„Der ukrainische Präsident Poroschenko hat eine Waffenruhe für die Ostukraine angekündigt. In dieser Woche solle das Feuer eingestellt werden, zitiert die Nachrichtenagentur INTERFAX Poroschenko. Jeder Tag, an dem Menschen sterben und die Ukraine solch einen hohen Preis bezahle, sei unannehmbar.“
Linda Zervakis, ARD tagesthemen, 8.6.2014

Krieg in der Ostukraine?

Wer sich über die ARD informiert, dürfte erstaunt gewesen sein, angesichts der Ankündigung Poroschenkos, dass das „Feuer eingestellt werden solle“. Welches Feuer? Die ganze Woche über haben die Hauptnachrichtensendungen tagesschau und tagesthemen einen von der Kiewer Regierung im Osten des Landes geführten Krieg nahezu totgeschwiegen. Wer sich nicht anderweitig informiert, hat nicht die geringste Ahnung, vom Krieg in der Ostukraine.

Wir haben die Woche von Montag, dem 2.6. bis Sonntag, dem 8.6.2014 unter die Lupe genommen und sämtliche Berichte  (und seien sie auch nur indirekt) der 20.00 Uhr tagesschau und tagesthemen über Kampfhandlungen in der Ostukraine zusammen geschnitten. 7 Tage, in denen Städte bombardiert wurden, Dutzende Menschen starben, Hunderte verletzt wurden und Tausende flüchteten. In dieser Woche wurden Städte belagert, von der Versorgung abgeschnitten und mit Artillerie unter Feuer genommen, wie Anfang der 90er Sarajevo.

In der gesamten Woche sendete die ARD einen einzigen Bericht über die Kämpfe in der Ostukraine. Dies war am Montag in tagesschau (28 Sekunden) und tagesthemen (14 Sekunden) eine mit Videobildern unterlegte Kurzmitteilung über das Andauern der Kämpfe und den Angriff von Separatisten auf ein Hauptquartier der Grenztruppen in der Nähe von Lugansk.

Dienstag und Mittwoch wird gar nicht aus der Ostukraine berichtet.

Donnerstag berichtet die tagesschau (22 Sekunden), dass Hunderttausende offenbar von der Wasserversorgung abgeschnitten seien. Grund sei die Beschädigung einer zentralen Leitung.

Samstag gibt es in den tagesthemen tatsächlich einen längeren Bericht (1:14 min). Nicht über die Kämpfe, sondern über die Flüchtlinge, die diesen entkommen wollen. Präsentiert werden im Interview zwei Bürger die sich selbstverständlich im Sinne des Westen äussern:

tagesthemen7.6.ukraine2„Die Leute, die sich Verteidiger unseres Landes nennen, die rauben uns am hellichten Tag aus. Die klauen unsere Autos. Selbst, wenn eine Frau am Steuer sitzt und sagen, das wäre kriegswichtig, sie bräuchten das für ihren Verteidigungskampf gegen den Westen der Ukraine.“

tagesthemen7.6.ukraine„Versteht ihr das denn nicht? Früher oder später wird es zu schweren Kämpfen kommen. Es gibt keine andere Lösung, um diese merkwürdigen Gestalten loszuwerden.“

 

Insgesamt berichteten tagesschau und tagesthemen somit in 14 Nachrichtensendungen in dieser Woche ganze 134 Sekunden über einen Krieg in Europa.

Im selben Zeitraum berichteten die Staatsmedien ausführlich über verschiedene Auftritte des neuen Präsidenten Poroschenko. Den Mann also, der als Finanzier des Putsches in Kiew, Waffenproduzent und Medienbesitzer eine erhebliche Mitverantwortung für den Krieg in der Ostukraine trägt. Auch die Berichte über Poroschenko haben wir zum direkten Vergleich zusammen geschnitten. Sie kommen auf eine Gesamtlänge von 357 Sekunden, also fast 6 Minuten und sind damit fast dreimal so lang, wie die Berichte über die Kämpfe. Dass über den Oligarchen (der nicht mehr Oligarch genannt wird) Poroschenko nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ wohlwollend berichtet wird, versteht sich von selbst und kann im Zusammenschnitt bewundert werden.

ard_sep
Zusammenschnitt 1:
134s Krieg
ard_poro
Zusammenschnitt 2:
357s Poroschenko

Wer wissen möchte, was tatsächlich in der Ostukraine passiert, ist geradezu gezwungen, auf russische Medien zurückzugreifen. Die deutschen Staatsmedien schweigen einen Krieg in Europa tot, weil er mit Unterstützung und im Interesse der USA, NATO und EU geführt wird. Wenn sie berichten, dann wird nahezu durchgängig, einseitige Stimmung im Sinne des Westens gemacht und nicht objektiv berichtet oder hinterfragt, was dort vor sich geht.