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Deutschlandradio_KulturEs ist ein ungeheuerlicher Vorgang, auf den Florian Rötzer auf Telepolis hinweist: In einem Interview des Deutschlandfunks geriert sich DLR-„Journalist“ Christopher Ricke wie ein zweiter Freisler. Als der türkischstämmige Interviewpartner und Vertreter der Nebenkläger beim NSU-Prozess Mehmet Daimagüler in einem Interview über die Dauer des NSU-Prozesses plötzlich seinerseits eine Frage an den „Journalisten“ stellt, wird er in Freisler-Manier abgewürgt und das Interview beendet.

Hintergrund des Interviews ist der Versuch staatlicher Stellen zusammen mit staatlichen Medien, Versuche der Opfer zu unterdrücken, im Rahmen des NSU-Prozesses die genauen Hintergründe und Verwicklungen des Verfassungsschutzes aufzuklären. Offensichtlich darf hier nicht zu tief gegraben werden, denn es wurden vielfach Tatsachen bekannt, die die Involvierung des VS erhärten. Nicht nur die Geschichte des VS-Mannes Temme, der zum Zeitpunkt des Mordes im Internetcafe des Halit Yozgat anwesend war und nichts bemerkt haben will, erscheint immer unglaubwürdiger. Auch der Tod der mutmaßlichen Haupttäter Mundlos und Böhnhardt hat offensichtlich nicht so stattgefunden, wie es die Ermittlungsbehörden der Öffentlichkeit weismachen wollen. Die Opfer haben also allen Grund Fragen zu stellen. Diese sind aber so unbequem, dass Staats und Staatsmedien das Drängen der Opfer auf Aufklärung diskreditieren.

So wird in den Medien diffamierend von einer Antrags“flut“ gesprochen. Statt sich an der Aufklärung durch Recherche zu beteiligen und die Opfer in ihrem Streben nach Aufklärung und Wahrheit zu unterstützen – wie es Aufgabe einer unabhängigen „vierten Gewalt“ wäre – gerieren sich diese „Journalisten“ als Verteidiger des Staates und offenbaren damit ihr Selbstverständnis und ihre wahre Natur.

Im Vorlauf des Interviews sendete das DLR folgenden Beitrag, in dem ein Anwalt präsentiert wird, dem es weniger um Aufklärung, als um möglichst rasche Verurteilung geht: Podcast;mp3

Darauf folgte das unfassbare „Interview“ mit Daimagüler, der von Ricke notorisch als Daimangüler angesprochen wird – was schon ein erster Hinweis auf die Ignoranz des Moderators gegenüber seinem Gesprächspartner ist:

Ricke: Die deutschen Ermittler haben ja jahrelang Zusammenhänge nicht erkannt. Doch es wurden Konsequenzen gezogen. Heute schaut man ganz anders auf die Vorgänge. Ich weiß, das macht kein Opfer wieder lebendig, aber vielleicht mindert es ja genau das Risiko, dass sich so etwas wiederholt und dass sie, als Bürger dieses Landes wieder getrost ins Bett gehen können.

Daimagüler: Da frag ich mal zurück: Welche Konsequenzen wurden denn gezogen?

Ricke: Na ja, die Fragen, die muss ich ja jetzt heute stellen, weil ich ja auch nicht der Jurist bin, aber ich erinnere mich an…

Daimagüler: Sie haben ja nicht gefragt, sondern festgestellt.

Ricke: Dann gebe ich Ihnen doch gern die Antwort. Also: Wir haben personelle Wechsel bei Landesverfassungsschutzämtern. Wir haben Reformen beim Verfassungsschutz. Wir haben den Untersuchungsausschuss, wir haben Aufarbeitung…

Daimagüler: Nein, ernsthaft, welche Reform haben wir denn beim Verfassungsschutz?

Ricke: HERR DAIMAGÜLER … KURZ ZUR ROLLENVERTEILUNG: SIE SIND VERTRETER DER NEBENKLAGE, ICH STELLE HIER DIE FRAGEN – EINVERSTANDEN?

Daimagüler: Nein. Sie machen ja keine Fragen, sondern …

Ricke: Okay. Dann danke ich Ihnen ganz herzlich für dieses Gespräch!

Man muss sich das Interview anhören, um den impertinenten, freislerschen Ton Rickes zu erkennen: Podcast;mp3

Wir haben hier nicht nur einen Staatsjournalismus, der seine Aufgabe offensichtlich darin sieht, Auklärung zu verhindern, sondern der obendrein einem Vertreter der Opfer in einer öffentlichen Sendungen maßregelt und das Wort abdreht. Es darf zudem zurecht bezweifelt werden, dass Ricke es gewagt hätte, sich dermaßen unverschämt gegenüber einem führenden Politiker der Regierungsparteien aufzuführen.

Dass Ricke angeblich den Verlauf des Gesprächs bedauert macht die Angelegenheit nicht besser. Wer einen höflich fragenden Gesprächsgast öffentlich dermaßen unverschämt abkanzelt hat den falschen Beruf.

dlf_ricke

 

 

Eine nicht hinehmbare Zumutung ist auch der Umgang des mit Zwangsgebühren finanzierten DLR mit Kritik. Rötzer weist zurecht darauf hin, dass es vollkommen unglaubwürdig ist, dass nur ganze 5 „regelkonforme“ Kommentare zu diesem Vorgang eingegangen sein sollen. Wie andere Staatssender auch, nimmt sich das DLR die Frechheit heraus, die Meinungen der Bürger zu überprüfen, bevor sie veröffentlicht werden.

Obendrein benutzt das DLR mit „Disqus“ ein US-amerikanisches Kommentarwerkzeug, das durch einer Vernetzung der Kommentarfunktion mit ausgewählten sozialen Medien (ebenfalls unter US-Kontrolle) eine Bespitzelung und politische Profilierung der Nutzer ermöglicht. Disqus wird auch von Springer eingesetzt, beispielsweise wenn man Kommentare bei der Welt abgeben möchte. Wer dieses System benutzt, ist für die US-amerikanische Gestapo auch in politischer Hinsicht ein offenes Buch.