Schlagwörter

, , , , ,

TagesAnzeiger_LogoSchweiz: Eine linksgrüne Mehrheit im Züricher Gemeinderat will die Praxis der Stadtpolizei beenden, in Pressemitteilungen die Nationalität mutmaßlicher Täter und Opfer zu benennen.

tagesanzeiger_ausländerfeindlichkeit240Dagegen wehrt sich der Poilzeireporter des Tages- anzeigers mit fadenscheinigen Argumenten, die beispielhaft für eine weit verbreitete, latente Ausländerfeindlichkeit stehen. Da diese Diskussion auch in Deutschland aus entsprechenden Kreisen immer wieder vom Zaun gebrochen wird und es sich im Kern um eine politisch motivierte, diffamierende Propaganda handelt, deren Mechanismen man problemlos auf die große, internationale Politik übertragen kann, soll das Thema an dieser Stelle beleuchtet werden.

Die Argumentation der Gegner einer Nennung der Staatsangehörigkeit ist, dass die Herkunft in aller Regel keinerlei Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die Ursachen einer Tat liefert, andererseits aber diese Nennung Vorurteile gegenüber Ausländern schürt, die dann wiederum unter anderem eine verstärkte Kontrolle dieser Bevölkerungsgruppe nach sich ziehen. Das durch die Medien geschürte ausländerfeindliche Ressentiments verstärkt und bestätigt sich auf diese Weise selbst.

Hohlers Argumentation dagegen:

Seltsam, wenn es um Steuerhinterziehung von ausländischen Kontobesitzern geht, kennen Grüne und Linke beim Datenschutz keine Skrupel. Sie würden noch so gern alle Details über die betreffenden Personen veröffentlichen. Bei Schlägern, Vergewaltigern, Dealern oder Mördern dagegen soll die Zürcher Stadtpolizei in ihren Medienmitteilungen nicht mehr die Nationalität der ansonsten anonymisierten Personen nennen dürfen. (Link)

Der Vergleich von Steuerhinterziehern mit Schlägern, Vergewaltigern, Dealern oder Mördern ist in zweierlei Hinsicht unredlich. Zum einen, weil sich kein Schweizer vor Steuerhinterziehern fürchten muss. Anders, als bei einem verurteilten oder verdächtigen Vergewaltiger, wird sich keine Gemeinde fürchten, wenn ein Steuerhinterzieher hinzuzieht. Im Gegenteil: Steuerhinterzieher bringen massenhaft Geld ins Land, von dem Banken und Staat profitieren. Zum anderen, weil mit der Nennung der Staatsangehörigkeit von Steuerhinterziehern keine potentiell rassistische Diffamierung verbunden ist. Steuerhinterziehung gilt noch immer als „Kavaliersdelikt“ und die Täter entstammen der wohlhabenden und zumeist ethnisch identischen Elite aus Nachbarländern. Darüberhinaus gibt es keine Tradition der rassistisch motivierten Diffamierung von Steuerhinterziehern, an die derlei Meldungen anknüpfen könnten. Um es anders zu sagen: auch ein Herr Höhler würde sich eher auf die Zunge beißen, als die Religionszugehörigkeit von Wirtschaftskriminellen oder Vergewaltigern zu veröffentlichen, denn das wäre genauso unsinnig – hat aber bekanntlich eine üble europäische Tradition.

Weiter argumentiert Höhler:

Die Augen vor Fakten zu verschliessen, nützt aber nichts, die Probleme werden dadurch nicht aus dem Weg geschafft. Es ist unbestritten: Die Kriminalitätsrate von Ausländern ist höher als die von Schweizern. Mit dem Unterschlagen der Täter-Nationalität wird die Ausländerkriminalität weder grösser noch kleiner. Aber die Medien würden ihre Glaubwürdigkeit verspielen, wenn sie die Nationalität – auch die der Schweizer – konsequent verschweigen würden.

Dass die Kriminalitätsrate von Ausländern höher sein kann, hat verschiedene Ursachen, von denen eine genau jenes Ressentiment ist, das Höhler weiterhin bedienen möchte. Als Folge einer alltäglichen, negativen Stigmatisierung in den Medien wird die Frontlinie zwischen „uns“ und „denen“ vertieft. Es werden irrationale Ängste geschürt, „die Anderen“ werden ausgrenzt und mit Misstrauen bestraft, auch wenn die große Mehrheit von ihnen niemals straffällig geworden ist.

In der Folge wird ihnen der soziale Aufstieg, der Zugang zu Wohnraum, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen erschwert, was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Personen dieser Gruppe in sozialen Milieus landen, in denen eine spezifische Kriminalität (Drogenhandel und -konsum, Eigentumsdelikte, Körperverletzungen) verbreiteter ist und die obendrein von der Polizei stärker und leichter verfolgt werden kann, als eine vergleichbare Kriminalität sozial bessergestellter Kreise.

Wer am Bahnhof Hasch oder unversteuerte Zigaretten verhökert, wird – realistisch betrachtet – eher mit der Polizei in Kontakt kommen, als der wirtschaftlich und sozial Privilegierte, der sich mit Koks und anderen Drogen aufputscht oder möglicherweise in Wirtschaftsdelikte verstrikt ist. Wollte eine tendenziell eher ausländerfeindlich gesinnte Polizei vorsätzlich Ressentiments gegen Ausländer schüren, müsste sie nur täglich die entsprechenden Tätergruppen unter Verdacht verhaften und in Pressemitteilungen vorführen lassen.

Mit Blick auf diesbezüglich geführte Statistiken kommt hinzu, dass insbesondere in Deutschland – vermutlich in anderer Form auch in der Schweiz – verschiedene Straftatbestände bestehen, die nur für Ausländer gelten. Das sind Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, das Asylverfahrensgesetz oder das EU-Freizügigkeitsgesetz. Unerlaubte Einreise, unerlaubter Aufenthalt, Verstöße gegen die Residenzpflicht, Erschleichen eines Aufenthaltstitels oder Urkundenfälschungen sind gruppenspezifische Straftaten und zudem – da es keine unmittelbar Geschädigten gibt – von einer grundsätzlich anderen Qualität, als Eigentumsdelikte oder Körperverletzungen, die ja durchaus eine Furcht der Mitbürger begründen könnten. Wenn aber undifferenzierte Zahlen veröffentlicht und im Bewusstsein der Bevölkerung verankert werden, die eine um einen Prozentpunkt höhere Delinquenz ausländischer Mitbürger ausweisen, dann werden damit rassistische Vorurteile bestätigt und verfestigt, die nicht der Realität entsprechen.

Außer unbelehrbaren und vorsätzlichen Rassisten wird niemand ernsthaft behaupten, dass Menschen eine von ihrem Geburtsort oder der Nationalität ausgehende kriminelle Disposition haben. Genau das wird aber mit der Nationalitätsnennung unterschwellig suggeriert. Es wäre genauso unsinnig, Haarfarbe oder Schuhgröße regelmäßig in Pressemitteilungen zu nennen. Was wäre die Botschaft? „Seht her, schon wieder ein Rothaariger, der eine Frau vergewaltigt hat!“ Eine offensichtlich absurde Vorstellung, da die Haarfarbe genauso wenig ausschlaggebend für eine Vergewaltigung ist, wie die Nationalität.

Verlogen ist Höhlers Argumentation dort, wo er behauptet, „Probleme würden durch das Verschweigen der Nationalität nicht aus dem Weg geschafft“. Wo Nationalität (genauso wie Haarfarbe) nicht ursächlich für die Begehung einer Straftat ist, haben logischerweise weder die Nennung noch das Verschweigen einer fremdländischen Herkunft einen Einfluss auf die Bekämpfung dieser Verbrechen. Das wiederum ist bei der angesprochenen, landesübergreifenden Steuerhinterziehung vollkommen anders, da die ausländische Staatsangehörigkeit überhaupt erst die Ursache für die Begehung dieser Straftaten ist und die Nennung der ausländischen Herkunft eine Vorraussetzung für zwischenstaatliche Regeln zur Bekämpfung genau dieser Kriminalität darstellt.

Besonders perfide ist die Unterstellung, Medien würden ihre Glaubwürdigkeit verspielen, wenn sie die Nationalität von Straftätern oder Verdächtigen künftig nicht mehr nennen würden. Aus allem, was wir hier dargelegt haben, wird deutlich, dass das exakte Gegenteil der Fall ist. Medien, die aus eigener latenter oder offener Ausländerfeindlichkeit heraus, suggerieren, Geburtsort oder Nationalität begründeten eine Disposition zur Kriminalität, sind unglaubwürdig und wollen nichts anderes, als mit tradierten Ressentiments Geschäfte und Politik machen.