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„Todesgrüße aus Moskau“:
Presserat weist Beschwerde wegen Spiegel-Cover vorerst ab

von Paul Schreyer

„Der Presserat ist Teil des Systems“

Der Medien­wissen­schaftler Prof. Dr. Michael Haller, der selbst lange für den Spiegel und die Zeit schrieb und der heute als Wissen­schaft­licher Direktor dem Europä­ischen Institut für Journa­lismus- und Kommuni­ka­tions­forschung vorsteht, sieht das Vorgehen des Presse­rats auf Nachfrage kritisch:

„Wir beobachten bei unseren westlichen Medien seit rund 15 Jahren in der Wahrnehmung Putins einen engen Frame. In dieser einseitigen, mitunter verzerrten Sicht gilt die oft pejorative, an Unterstellungen reiche Beschreibung Putins quasi als Normalität. Der Presserat ist Teil des Systems und denkt innerhalb dieses Frames. Darum wird ihm die verzerrte Aussage des fraglichen Covers kaum weiter auffallen. Sprachanalytisch gedacht, bezieht sich die Unterzeile ‚Der Giftanschlag‘ zweifelsfrei auf den Fall Skripal und damit beziehen sich die ‚Todesgrüße aus Moskau‘ eindeutig auf diesen Giftanschlag. Damit wird mit der Gesamtaussage des Titelkomplexes behauptet, dass der Giftanschlag ‚aus Moskau‘ kam.“

Haller teilt allerdings die Einschätzung des Presserats, dass Ziffer 13 des Pressekodex („Unschuldsvermutung“) möglicherweise nicht greift. Ob der Schutz vor einer Vorverurteilung „auch für Institutionen und Abstrakta gelten soll, die als solche niemals Objekte eines Strafverfahrens werden können, kann man bezweifeln“, meint der Wissenschaftler

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