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meedia_logoVermeintlich seriöse Medien empören sich, dass das österreichische Boulevardblatt „Kronen Zeitung“ ein Foto der in einem Schlepper-LKW auf fürchterliche Weise ums Leben gekommenen Flüchtlinge abdruckt.

Für die braven Bürger wird es beim Aufschlagen der Zeitung sicherlich ein Schock gewesen sein und aus mehreren Gründen liegt der Verdacht nahe, dass es diese Konfrontation eines bornierten Bürgertums mit der bitteren Realität ist, die hinter der Empörung steckt und nicht die vorgeschobene, vermeintliche Verletzung der Würde der Opfer.

KronenZeitung_toteFlüchtlingepixelZunächst einmal sind auf dem Bild, das wir rechts in einer auf Twitter verbreiteten, nachträglich ver­pix­el­ten Vollversion der Seite (Bild anklicken, zum Ver­grö­ßern) zeigen, auch in der unverpixelten Version wie sie von der Zeitung abgedruckt wurde, keine individuellen Personen zu erkennen. Das Foto unterscheidet sich so gesehen durch nichts von vielen anderen Bildern von Opfern, die man aus Kriegs- und Katas­tro­phen­gebieten kennt. Per­sön­lich­keitsrechte sind wegen der gewahrten Anonymität der Opfer also auf den ersten Blick nicht verletzt.

Die Behauptung, den Opfern würde pauschal ihre Würde genommen, spottet angesichts der Umstände ihres erbärmlichen Todes der Realität, denn die Würde wurde ihnen bereits in dem Moment genommen, in dem sie von Schleppern – und einem System, das das Schlepperwesen florieren lässt – wie Vieh in einen rollenden Sarkophag gepfercht wurden.

Tatsächlich handelt es sich bei dem Foto, das vermutlich aus Polizeiquellen stammt, um ein geradezu ikonisches Zeitdokument einer anhaltenden Katastrophe, deren Opfer zumeist anonym und abseits der öffentlichen Wahrnehmung im Mittelmeer ersaufen, von Schleppern ermordet werden, verhungern, verdursten oder an Erschöpfung und Krankheiten verrecken, die ihren unmenschlichen, aber menschengemachten Fluchtbedingungen geschuldet sind.

Wer sich über diese Veröffentlichung empört, die dem Elend kein individuelles Antlitz, aber zumindest ansatzweise eine Vorstellung verleiht, der hat in Wahrheit nicht die Würde der Opfer im Sinn, sondern seine eigene heile Welt, die durch das reale Elend dieser Menschen bedroht ist.

Und noch etwas ist bemerkenswert: Die „Krone“ zeigt zwar die Toten auf der Ladefläche unverpixelt, die Schriftzüge der Transportfirma auf den Außenwänden des LKW sind hingegen unkenntlich gemacht.  Auch wenn diese Firma mit dem Tod der Menschen nichts zu tun hat, ist das – gerade weil es sich hier um ein Zeitdokument handelt – der eigentliche Skandal.