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Demokratie, Desinformation, Doppelmoral, Griechenland, Propaganda, Staatsmedien, Verschweigen, ZDF
Manchmal machen einen die himmelschreiende Doppelmoral und der Mangel an Selbstreflexion deutscher Journalisten nur noch sprachlos. So geschehen wieder einmal im ZDF, in der heute-Sendung vom Donnerstag 19.00 Uhr und in einer ausführ- licheren Wiederholung im heute-journal.
Da berichtete Korrespondent Michael Bewerunge aus Athen über den wieder auf Sendung gegangenen griechischen „Staatssender“ ERT, der vor ziemlich genau zwei Jahren von der liberal-konservativen Nea Demokratia unter Samaras über Nacht abgeschaltet worden war, um Forderungen der Troika nach Verschlankung des Staates nachzukommen. Unter der neuen Regierung wurde der Sender per Gesetz wieder in Betrieb genommen, wird vorwiegend durch eine Rundfunkgebühr finanziert und bekommt einen Verwaltungsrat aus sieben Mitgliedern, von denen fünf nach einem Ausschreibungsverfahren auf Vorschlag des Medienministers vom zuständigen Ausschuss des Parlaments gewählt werden. Die zwei restlichen Mitglieder werden von den ERT-Mitarbeitern in geheimer Wahl bestimmt.
Michael Bewerunge: „Vorher war der ERT ein aufgeblähter Apparat, fest in der Hand der jeweiligen Re- gierungen, die Pöstchen verteilten Das soll jetzt alles anders werden – trotz Wiedereinstellungen, angeblich ohne Mehrkosten.“
Ein aufgeblähter Apparat, fest in der Hand der Regierung? Woher kennen wir das denn? Bis 2012 war das Budget von ERT bei 300 Millionen Euro. Künftig muss man mit 60 Millionen Euro auskommen. Das waren bei 10 Millionen Griechen bis 2012 pro Bürger 30 Euro im Jahr und werden künftig 6 Euro pro Jahr sein. Vergleich zu Deutschland: 81 Millionen Bürgern zahlten 2014 8,3 Milliarden Euro GEZ. Das sind pro Nase satte 102 Euro. Der deutsche Staatsfunk war also schon 2012 finanziell mindestens dreimal so stark aufgebläht, wie der griechische. Mit dem neuen Gesetz zahlen die Griechen 3,00 Euro monatlich Rundfunkabgabe, während den Bürgern hierzulande mit 17,98 Euro beinahe das Sechsfache abgeknöpft wird.
Personell aufgebläht? ERT beschäftigte bis zu seiner Schließung 2.656 Mitarbeiter. Das ist 1 Mitarbeiter pro 3765 Einwohner. Die Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland beschäftigen 25.000 feste Mitarbeiter, was 1 Mitarbeiter für nur 3240 Einwohner bedeutet und damit einen erheblich höheren Personalschlüssel darstellt. Hierbei sind die Mitarbeiter der steuerfinanzierten Deutschen Welle noch gar nicht mitgerechnet. Das bedeutet, dass der griechische Staatsfunk schon 2012, als er angeblich so aufgebläht war, mit einem Drittel an Kosten pro Bürger und anteilig weniger Mitarbeitern pro Bürger gearbeitet hat.
Und wenn Bewerungen im deutschen Staatsfunk mit Blick auf Griechenland von Pöstchen und Regierungsnähe schwafelt, dann wird es besonders grotesk. Ausgerechnet im ZDF, dessen Verwaltungsrat – genauso wie der Fernsehrat – von Politikern geradezu durchseucht ist und an dessen Spitze mit Kurt Beck ein ehemaliger Ministerpräsident sitzt. Dieser Verwaltungsrat hat 2009 einen Chefredakteur aus politischen Motiven abgesägt. Der ZDF-Fernsehrat wird mit Ruprecht Polenz von einem CDU-Politiker und NATO-Propagandisten der Deutsch-Atlantischen-Gesellschaft geleitet.
Kann es eine offensichtlichere Doppelmoral und Verlogenheit geben, als Bewerunge sie hier präsentiert? Schwerlich! Um dann sein eigenes Maulhurentum für die deutsche Regierung unter Beweis zu stellen, pöbelt der Möchtegern-Journalist auch noch im selben Beitrag ganz auf Schäuble-Kurs gegen Alexis Tsipras:
Michael Bewerunge: „Die Wirt- schaft schrumpft, Anleger und Privatleute ziehen Kapital ab, Reformen in der Warteschleife. Der Grund dafür ist, dass Alexis Tsipras mit seinem Vabanquespiel zu viel Zeit vergeudet hat. Noch spüren die Griechen die Folgen kaum, doch das wird sich so oder so schon bald ändern, selbst dann, wenn es zu einer Einigung mit den Geldgebern kommt.“
Wie soll man so etwas kommentieren, ohne das gleich wieder jemand behauptet, hier würden Journalisten beleidigt? Das ist doch kein Journalismus, das ist Comedy, eine Farce, eine Beleidigung für die Zuschauer. Ich halte besser das Maul, bevor ich zu ehrlich werde.
K. sagte:
„Wie soll man so etwas kommentieren, ohne das gleich wieder jemand behauptet, hier würden Journalisten beleidigt?“
:-)
Dein Hinweis, wer hier wirklich beleidigt und verhöhnt wird in diesem Slapstick vom Propagandakanal ZDF, trifft es doch sehr gut, finde ich. Vielleicht kommt es ja bei sog. seriösen TV-Sehern irgendwann dann doch noch mal an, dass Nachrichten im ÖR eigentlich Comedy-Sendungen sind und sie für Nachrichten im ÖR heutzutage Comedy-Sendungen ansehen müssen.
Weiter müsste man die Erkenntnis über diese Verhöhnung im Einzelnen (irgendwann betrifft einen irgendwas ja auch mal höchstselbst) nur noch ganz seriös sacken lassen und dann kann man Arschlcher auch wieder mit vollem Recht Arschlcher heissen. :-)
wolfswurt sagte:
Z(ionistische)D(enk)F(abrik) & A(userwählte)R(egieren)D(eutschland) ergeben dann solche Äußerungen, welche Bewerungen zu verkünden hat.
Hans H sagte:
Unter Kurt Beck wurde die Rundfunksteuer eingeführt. Die Beschwerde gegen Sendungen ist immer an das Land zu richten, das gerade den Vorsitz bei der ARD führt. Mit dem Ergebnis, dass immer ein anderes Land gerade zuständig ist.
Aber auch das ZDF ist kein Deut besser. Taktik beschwichtigen und dann weiter Hetzen. Auch der Petitionsausschuss des Bundestags gibt keine klares Bekenntnis dazu. Und verweist auf die Hoheit der Länder. Damit verläuft jede Beschwerde im Sande. So ähnlich wie bei Glückspielverkäufern. Vielleicht trifft sogar der Begriff Hütchenspieler.
Rugai sagte:
„Ich halte besser das Maul, bevor ich zu ehrlich werde.“
Ich….äh….ehm…also…öh… kriegs gar nicht erst auf bzw. die runtergefallene Kinnlade wieder zu…bitte…WAS ?????!!!
Dass die Propagandaschau es überhaupt noch bewerkstelligt einen Kommentar angesichts des schizoiden Schwachfugs zu verfassen, anstatt die Tastatur zu zertrümmern grenzt schon an ein Wunder…
Meine Hochachtung !
rechercheuse sagte:
„Das ist doch kein Journalismus, das ist Comedy, eine Farce, eine Beleidigung für die Zuschauer. Ich halte besser das Maul, bevor ich zu ehrlich werde.“
… wo ist denn der ort für „ehrlichkeit“? ich frage mich, ob dieser schon zu angstbesetzt oder als „staatsgefährdend“ gemieden wird … also das große geheimnis für die freiheit der gedanken und dazu passend die große freiheit für unehrlichkeit, halbwahrheiten und schweigen? echt jetzt?
Barish sagte:
„Hierbei sind die Mitarbeiter der steuerfinanzierten Deutschen Welle noch gar nicht mitgerechnet.“
Mit den Suchbegriffen „deutsche welle anzahl der mitarbeiter“ fand ich Folgendes, jedoch von 2013:
http://www.rundschau-online.de/bonn/zehn-jahre-deutsche-welle-das-bonner-signal-in-die-welt,15185502,22837634.html
Die Gesamtzahl, 1600, erschließt sich offenbar aus 1100 Mitarbeitern in Bonn und 500 in Berlin, wenn ich den Artikel richtig verstehe.
Der Fairness halber könnte man auch aufschlüsseln, ob Griechenland staatlicherseits einen ähnlichen Radiosender unterhält, und wie groß dieser ist, gemessen an absoluter Zahl sowie an der Pro Kopf-Proportion zur Bevölkerung.
Jens E sagte:
Zum letzten Absatz liese sich noch einiges sagen, nicht Tsipras hält die EU hin , es sind die unbeugsamen Forderungen der EU nach mehr und mehr Austerität und verweigern Griechenland gleichzeitig die ausländischen Konten der superreichen Griechen einzufrieren. Es sind die Hinhaltetaktiken der Neoliberalen , die die Sozialisten in die Enge treiben wollen um ein klares Signal in Europa zu setzen , das Links wählen keinen Erfolg haben wird.
Viktor Koss sagte:
….die EU …. verweigern Griechenland gleichzeitig die ausländischen Konten der superreichen Griechen einzufrieren….
…
Basismodell der Ausbeutung. So muss es klar definiert werden, weil durch gleiche Vorgehensweise zwischen der Politik – Behörden und „Privaten“ werden die Staatsschulden eine Zeit aufgeblasen, die Effekten für die Volkswirtschaft insgesamt ein Null-Spiel und am Ende entstehen die Pleiten, das Geld ist weg auf weiten exotischen Konten eingelagert und was bleibt sind die Schulden für die Ewigkeit.
Zwischen dem Zuwachs des Privatvermögens und öffentlichen Schulden bei kaum vorhandenem realem Wachstum besteht eine Korrelation, als eine der Ursachen der Krise. Nicht nur im Griechenland oder €-Länder.
Karaman sagte:
wieso macht die Doppelmoral der Lügenmedien sprachlos? Für mich ist das ein Fest, da ich mich a) in meiner Einschätzung über die Lügenmedien bestätigt fühle und b) einfach herzhaft lachen kann über so viel Unterwürfigkeit der deutschen Lügenmedienvertreterchen
Das ist doch zu köstlich
Wurzelzwerg sagte:
Was sich Journalisten schimpft, bewegt sich im neoliberalen Format, und einer versucht den anderen zu übertrumpfen, davon hängt das Prestige ab. Verantwortung, nicht nur vor den Zuschauern und Hörern, ist eine Fremdwortvokabel. Mich schüttelt es, wenn ich diese jämmerlichen Gestalten rausgucken sehe. Aber sie sind da nicht allein, gestern im Bundestag hat ein SPD-Mann immer noch nicht begriffen, dass die Gewinne der einen die Verluste der anderen sind und die BRD mit ihrem Außenhandelsüberschuss der entscheidende Verursacher der sogenannten Eurokrise und des griechischen Desasters ist. Und Juncker spricht locker vom Ball im Feld der Griechen, als ob es sich um ein Fußballspiel handeln würde und nicht um das Überleben des ganzen griechischen Volkes. Tricki Merkel geht es darum, die Syriza-Regierung zum Aufgeben zu zwingen, um nichts anderes, und in dieses Horn stößt die Journaille im Schlepptau des Merkelschen Regierungschaos.
Adi€U sagte:
Bemerkenswert ist zudem, dass sich die Journalisten für ein finanzpolitisches System prostituieren, dass ihnen mehr Nachteile als Vorteile beschert. Der mit Abstand größte Teil von ihnen dürfte kaum mehr als 60000 € brutto pro Jahr verdienen. Zählt also eher zu den Verlierern als zu den Gewinnern des Systems.Wieso man sich für so einen Lohn prostituiert, kann man kaum noch rational erklären.
Wurzelzwerg sagte:
@ Adi€U
Naja, ich würde sagen, sechzigtausend brutto im Jahr sind nicht zu verachten. Haben oder nicht haben, das ist hier die Frage. Das Geschäft mit der Lüge lohnt sich doch. Natürlich kein Vergleich mit Klebers 600 000 Silberlingen, aber immerhin.
Adi€U sagte:
Klar, für einen Handwerker ist das viel Geld.
Aber das ist ja krude am derzeitigen Finanzsystem. Selbst mit solchen Einkommen, mit denen man an der unteren Schwelle zur Mittelschicht gehört, ist man immer noch auf der Verliererseite und verteilt nach oben. Und da Journalisten, oder die, die sich so nennen, i.d.R. einen akademischen Hintergrund haben, gibt es sicher ehrlichere Möglichkeiten ähnliche Summen zu verdienen.
Jo Forester sagte:
Die Journaille ist lernresistent, politisch verbildet, und vor allem unselbstständig bis zum Abwinken. Echter investigativer Journalismus – Fehlanzeige ! Solche Subjekte wie Bidder, Slomka, Kleber und Konsorten haben als hervorstechendes Merkmal KEIN Rückrat. Selbst Schlangen haben Eines.
Vereinsamte Staaten sagte:
Daß der Journalismus viele gewissenlose „Obeflächlinge“ anzieht, scheint schon lange Tradition zu haben.
Ein heftiger Kritiker der „Journaille“ war der Österreicher Karl Kraus.
Zitat:
Ich habe viele Jahre damit verbracht, den Journalismus und
die intellektuelle Korruption, die von ihm ausgeht,
mit ganzer Seelenkraft zu verabscheuen.
Karl Kraus (1874 – 1936), österreichischer Schriftsteller, Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker und Dramatiker
ben sagte:
danke schön aufgeschlüsselt,
sollen sie sich doch gegenseitig mit geld und zwängen zuschütten und am ende daran ersticken, wo auch immer in der welt.
bei meinen kunden kann ich es spüren in was für einem gefängnis sie täglich sitzen und es nicht merken. kredit hier anspruch da natur hää… .
immer der rente entgegen, die sie dann vermutlich nicht mehr erleben wegen ableben oder weil sie es nicht mehr gibt.
kommt ihr jungs macht nur weiter so ihr bekommt schon alles kaputt…