Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich das aufmüpfige Publikum (Tsipras-Trolle) gegen die feindseelige Griechenland-Berichterstattung unserer Qualitätsmedien sperrt. In der Sendung Maybrit Illner, vom 29. Januar 2015, entdeckte ein aufmerksamer Zuschauer ab Minute 34:50 eine dreiste Verfälschung der Redeabsicht des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis.

„Aufstand in Athen – scheitert Merkel, scheitert der Euro?“

O-Ton Redaktion:
Und natürlich bauen die Griechen auf den Heimvorteil beim heutigen Milliardensirtaki – Der neue griechische Finanzminister weiß, wer hier aus dem Tritt kommt und nachgibt:

„Was immer die Deutschen sagen, am Ende werden Sie immer zahlen.“

In diesem – die Redeabsicht des griechischen Finanzministers – verfälschenden Kontext, mutet die Aussage von Varoufakis tatsächlich „unverschämt“ an, wie der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Günther Oettinger, in der Talkshow direkt im Anschluss an das Zitat empört kritisiert.
Jedoch war wohl die Stiftung einer rechtschaffenen Empörung von der Redaktion ausdrücklich tendiert.

In Wahrheit hat Varoufakis in seinem Interview mit der französischen Zeitung „La tribune“ genau die entgegengesetzte Aussage getroffen:

Er „baut“ nicht „darauf“, dass die Deutschen immer nachgeben: Er kritisiert in diesem Interview, dass die Deutschen immer zahlen würden. Die Griechen hätten laut Varoufakis nicht das moralische Recht, das Geld der deutschen Steuerzahler zu akzeptieren, um ihre Schulden zu bezahlen.

Hier der Auszug aus dem Original-Interview:

„Quoi que fasse ou dise l’Allemagne, elle paie, de toute façon. Et dès 2010, j’ai considéré que nous n’avions pas, nous autres Grecs, le droit moral d’accepter de l’argent des contribuables allemands, pour payer nos créanciers. En réalité, cet argent va dans un trou Noir“

Hier die englische Übersetzung aus dem Blog von Varoufakis:

„I beg to differ. Whatever Germany does or says, it pays anyway. And in 2010, I felt that we had not, we Greeks, the moral right to accept money from German taxpayers, to pay our creditors. In reality, this money goes into a black hole.“

Auch auf der ZDF-Internetseite heute. de wird das Zitat ohne den für das Verständnis notwendigen Kontext präsentiert:

„Die Aussage des neuen griechischen Finanzministers, Deutschland werde am Ende sowieso zahlen, nannte Günther Oettinger (CDU), EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, in der ZDF-Sendung Maybrit Illner „abwegig“. Der Finanzminister Yanis Varoufakis hatte gesagt: „Was immer die Deutschen sagen, am Ende werden sie immer zahlen.“ Tsipras seinerseits hatte angekündigt, er werde Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) „zwingen“, die griechischen Vorschläge zu akzeptieren“.

Es bieten sich zwei Möglichkeiten an, um sowohl die grobe Desinformation als auch die Falschdarstellung der Position des neuen griechischen Finanzministers durch die zuständige Redaktion zu erklären, die selbst einen hochrangigen EU-Politiker zu einem peinlichen Fehlschluss verleitete.
Entweder hatte die Redaktion – und damit auch Frau Illner – keine Ahnung vom vollständigen Wortlaut des Interviews mit „La tribune“ und der damit verbundenen sehr konkreten Aussage Varoufakis zu Gunsten der Deutschen.
Die zweite Möglichkeit wäre, dass die Redaktion um die Originalbotschaft des griechischen Politikers wusste und sowohl die Podiumsgäste, als auch das Publikum im Studio und daheim vorsätzlich über dessen Anliegen täuschte.

Beide Möglichkeiten stellen zumindest einen unprofessionellen Umgang mit wichtigen Informationen dar, welcher nicht ohne Folgen bleiben sollte.

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