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Am Freitag, den 2.5.2014 kommt es in Odessa zu Straßenschlachten mit mutmaßlich 4 Toten und später zu einem Brand in einem von pro-russischen Aktivisten besetzten Gewerkschaftshaus, wo später mehrere Dutzend Leichen gefunden werden. Die Zahl der Toten schwankt von 37, 38, 40 bis zu Gerüchten von über 100. Dazu kommen Hunderte Verletzte.

odessa_massaker_ttSchon am Abend des Geschehens ist ziemlich klar, dass Maidan-Anhänger in einem Sturmangriff das Zeltlager der Anti-Maidan-Aktivisten in Brand setzten und Molotov-Cocktails in das Gebäude warfen, in das sich die Pro-Russen geflüchtet hatten.

Schnell kursierten Videos und Interviews, die den groben Ablauf und das Ausmaß des Massakers verdeutlichten. Der Brand war verhältnismäßig schnell gelöscht und die per Video dokumentierte Besichtigung des Gebäudes durch die Feuerwehr förderte schreckliche Bilder zu Tage. Dabei zeigte sich, dass die Mehrzahl der Opfer offenbar erstickte. Einige wurden aber auch erschossen und eine schwangere Frau erdrosselt. Mehrere Personen starben durch Sprünge aus den Fenstern. Eine detaillierte Analyse des Geschehens soll hier nicht erfolgen. Dafür sei auf die Artikel (3.5./6.5.) von Ulrich Heyden auf Telepolis verwiesen, wo sich weitere Links mit Informationen finden.

Bereits am 4.5., also zwei Tage nach dem Massaker, hat Richard Zietz in seinem Blog beim „Freitag“ das skandalöse Schweigen der deutschen Konzernmedien angesichts des Massakers kritisiert. Tatsächlich finden sich in der Mainstreampresse kaum Artikel, die sich mit dem verheerendsten Vorfall seit dem Putsch in Kiew beschäftigen. Wenn doch, dann wird verharmlost, verzerrt oder die Vorgänge werden Putin in die Schuhe geschoben. Der Grund ist klar: Der westlichen Presse, die von Beginn an den Putsch in Kiew medial unterstützte und gegen Russland hetzte, passt es nicht ins Propagandabild, dass Maidan-Anhänger ein solches Massaker angerichtet haben.

Gleiches gilt nicht minder für die deutschen Staatsmedien ARD und ZDF. Ein Zusammenschnitt aller Berichte in „heute“, „heute-journal“, „tagesschau“, „tagesthemen“ und „Brennpunkt“, die sich mit dem Massaker und den Folgen in Odessa beschäftigten, kommt auf gerade einmal 15 Minuten Gesamtlänge und zwar über einen Zeitraum von 4 Tagen! Darunter sind Wiederholungen von Beiträgen, die in „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ oder „heute“ und „heute-journal“ doppelt verwertet wurden.

odessa_massaker

Zusammenschnitt von ARD und ZDF (15min)

Obwohl Golineh Atai (ARD) und Katja Eichhorn (ZDF) bereits in den ersten Meldungen am Freitag Abend den Tathergang weitestgehend richtig beschreiben – beide sind nicht vor Ort, sondern in Donezk – rücken die Nachrichtensendungen einen Tag später von diesem Hergang ab und sprechen von „einem Gebäude, das in Brand geriet.“

Freitag 2.5. ARD Brennpunkt – Golineh Atai:

„Die pro-ukrainischen Demonstranten hätten die pro-russen Anhänger in ein Gebäude getrieben und dieses Gebäude angezündet.“

Freitag 2.5. ZDF heute-journal – Katja Eichhorn:

„Eine Gruppe hat dann die andere Gruppe verfolgt, in ein Haus getrieben und dieses Haus – das Haus der Gewerkschaften – angezündet. Wahrscheinlich – so entnehmen wir es zumindest den Netzwerken – waren es die Pro-Ukrainer, die die Pro-Russen in dieses Haus getrieben haben.“

Einen Tag später ändert sich die Schilderung der Ereignisse. Offensichtlich hat es Druck von oben gegeben. Dass die Maidan-Anhänger so ein Massaker begangen haben sollen passt den transatlantisch gleichgeschalteten Staats- und Konzernmedien nicht in die Propaganda. Die Version lautet jetzt, „das Gebäude ist in Flammen aufgegangen“ oder „Unbekannte haben Molotov-Cocktails“ auf das Gebäude geworfen.

Samstag 3.5. ZDF heute – Anne Gellinek: „Pro-russische Anhänger fliehen schliesslich ins Gewerkschaftshaus das in Brand gerät. Danach kommt unmittelbar eine Sprecherin des Geheimdienstes der Junta In Kiew zu Wort, die die irre Thesen ausbreiten darf, Gefolgsleute von Janukowitsch hätten das Massaker aus dem Ausland gesteuert.

Samstag 3.5. ARD tagesschau – Susanne Daubner: „Bei schweren Auseinandersetzungen geriet ein Gebäude der Gewerkschaft in Brand.Henrik Hübschen:„Brandursache waren offenbar Molotov-Cocktails.“ Wer die geworfen hat, weiß das Propagandamaul Hübschen nicht. Dafür weiß er genau, dass es zuvor Pro-Russen waren, die Pro-Ukrainer in der Stadt angegriffen haben. Die tagesschau führt eine ältere Dame vor, die in ihrer Trauer und Wut auf die Faschisten schimpft, die für diese Tat verantwortlich seien.

Samstag 3.5. ZDF heute-journal Katrin Eigendorf: „Selbst in Momenten der Trauer reagiert der Hass und die Verblendung.“ Eigendorf bezieht sich auf die gleiche Dame, die bereits zuvor in der ARD vorgeführt wurde. „Diese Schweine und Faschisten…sie müssen ausgelöscht werden diese Faschisten“, sagt die offensichtlich verzweifelte Frau, die in ihrer Trauer erneut missbraucht wird, um als Beispiel für Hass und Verblendung herzuhalten. Als vorbildliches Gegenbeispiel wird nun Präsidentschaftskandidat Poroschenko zusammen mit Klitschko gegengeschnitten, die – persönlich völlig unberührt – staatstragende Worte salbadern können. Der propagandistische Effekt ist offensichtlich: Erst die aufgehetzte pro-russische Alte, dann die vernünftigen Kiewer. Über die Vorgänge im Gewerkschaftshaus verliert die Propagandistin kein Wort, dabei ist längst bekannt, dass Menschen im Haus erschossen wurden.

Samstag 3.5. ARD tagesthemen – Thomas Roth: „In Odessa sind am Tag nach den Straßenschlachten und den mehr als 40 Toten, die in einem brennenden Haus umkamen, viele Einwohner fassungslos.“ Erneut wird die verzweifelte alte Dame vorgeführt und vermeintlich vernünftige Pro-Ukrainer als Kontrast dagegen gesetzt.

Nach dem Brand hat die Polizei in Odessa ausschliesslich pro-russische Aktivisten festgenommen. Obwohl viele Polizisten beim Brand vor Ort waren, wurde nicht ein Täter verhaftet. Am Sonntag befreien Pro-Russen die Verhafteten mit Gewalt aus dem Gefängnis. Ein Vorgang der in ARD und ZDF ausgiebig skandalisiert wird. Dass keine Brandstifter verhaftet wurden, verschweigen die Staatssender.

Sonntag 4.5. ZDF heute – Torge Bode: „Am Freitag starben bei Ausschreitungen und dem anschliessenden Brand in einem Gewerkschaftshaus mehr als 40 Menschen.“ Kein Wort zu den Erschossenen, kein Wort zum Tathergang.

Sonntag 4.5. ARD tagesschau – Henrik Hübschen deutet den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse vom Freitag an: „Am Freitag hatten die Sicherheitskräfte weder den Angriff der pro-russischen Aktivisten auf ukrainische Fußballfans, noch die folgende Racheaktion ukrainischer Gewalttäter beim Brand des Gewerkschaftshauses verhindert.“ Dass Pro-Ukrainer das Haus durch den Bewurf von Molotov-Cocktails in Brand setzten, sagt er natürlich nicht. Es wird verschwiegen, dass Anhänger des Rechten Sektors das Haus stürmten und dass Personen erschossen wurden. Kein Wort über die erdrosselte Schwangere im oberen Geschoss.

Sonntag 4.5. ZDF heute-journal Katrin Eigendorf: „Odessa, Süd-Ukraine: Pro-russische Banden greifen das Polizeigebäude an und befreien mehr als Hundert ihrer Leute, die gestern festgenommen wurden.“

Sonntag 4.5. ARD tagesthemen – Thomas Roth: „Ein mit Knüppeln bewaffneter pro-russischer Mob versuchte im Lauf des Tages das Hauptquartier der Polizei von Odessa zu stürmen. Es gelang ihnen von der Polizei die Freilassung von 67 Gefangenen zu erzwingen.“

Fazit: Obwohl der Ablauf der Ereignisse am Gewerkschaftshaus durch viele Videos gut dokumentiert ist, wird davon so gut wie nichts in den Staatsmedien gezeigt. Ausführlich werden die Straßenschlachten präsentiert, die man durchweg den Pro-Russen anlastet. Genauso ausführlich wird der Sturm auf die Polizeistation dargestellt. Dass viele Opfer im Gewerkschaftshaus erschossen wurden, dass der Rechte Sektor das Haus stürmte, dass eine Schwangere erdrosselt wurde, dass es Hinweise auf den Einsatz von Gas gibt – all das wird verschwiegen.

Nicht die militanten Brandstifter werden als Mob oder Banden bezeichnet, sondern die augenscheinlich normalen und unbewaffneten Bürger, die das Gefängnis stürmten, um die Gefangenen zu befreien. Das schlimmste Massaker seit den Schüssen in Kiew wird von den gleichgeschalteten deutschen Medien heruntergespielt und in seinem Verlauf verzerrt. Wäre es umgekehrt gewesen, hätten Separatisten in Slawjansk ein Haus mit Maidan-Anhängern in Brand gesetzt, das Ereignis wäre medial ausgeschlachtet und Putin angelastet worden.

Wer jetzt meint, die Staatssender würden aus Pietät oder anderen vorgeschobenen Gründen keine Toten zeigen, der sei an die Bilder der angeblichen Folteropfer aus Syrien erinnert. Obwohl die Herkunft der Bilder nicht belegt ist, wurden sie medial ausgeschlachtet, weil sie der Propaganda gegen Assad ausgesprochen gut in den Kram passten.